Yoshitomo Nara und seine Angry Girls im Museum Frieder Burda

Yoshitomo Nara devant Harmless Kitty (Detail), 1994 au Museum Frieder Burda. The National Museum of Modern Art, Tokyo © Yoshitomo Nara, courtesy Yoshitomo Nara Foundation; Photo: Nikolay Kazakov

In Baden-Baden entfaltet sich eine breite Retrospektive, bevölkert von zahlreichen Angry Girls mit vielen Forderungen, die Yoshitomo Nara gewidmet ist, einem Superstar der zeitgenössischen Kunst.

Die kleinen Mädchen von Yoshitomo Nara (geboren 1959) erzeugen beim Betrachter ein Unwohlsein: Ein großer Kopf, überdimensionale Augen – die kurioserweise an die Gemälde von Margaret Keane erinnern – und eine sehr oft feindliche, gar schlechte Stimmung. Ein Angry Girl, mit einem gezackten Messer in der Hand, das gerade eine Blume abgeschnitten hat, ist dafür das schönste Symbol: Sie schaut uns an, provokant, mit einem hämischen Lächeln, das ihre spitzen Zähne freilegt, von denen einige Blutströpfchen herunterfallen (Dead Flower 2020 Remastered, 2020). Auf ihrer strahlend grünen Tunika prangert ein „Fuck You“ in Rotbuchstaben. Andere bevölkern die Wände des Museums. Einige erinnern an Kämpferinnen, die einfache und direkte Nachrichten vermitteln (Stop the Bombs, 2019), während ihre Schwestern voller Spleen sind, wie im ikonischen In the Milky Lake / Thinking One (2011), in dem eine Figur, die in einer milchigen Welle badet, eine unbändige Traurigkeit ausdrückt. Direkt nach dem Tōhoku-Erdbeben und dem Tsunami an der Pazifikküste im März 2011, die zur Katastrophe von Fukushima führten, zeigt dieses riesige Gemälde, dass „der Künstler zu einem Hauptvertreter der Antinuklearen Bewegung wurde. Er denunziert das Paradox eines Landes, des seinigen, dessen Zivilbevölkerung unter den Bombardierungen von Hiroshima und Nagasaki gelitten hat, das aber weiter am Nuklearen festhält“, fasst Daniel Zamani, der Kurator dieser Ausstellung zusammen. Und jener, der ebenfalls der künstlerische Direktor des Museums Frieder Burda ist, hebt die politische Seite unseres Mannes hervor. 

In der Tat ist es unmöglich ihn auf eine kimo-kawaii-Ästhetik zu reduzieren – kurz gesagt, ein Schwanken zwischen dem Niedlichen und dem Gruseligen – noch ihn in die Neo-Pop-Bewegung Superflat zu integrieren, die von Takashi Murakami initiiert wurde – er wehrt sich da- gegen. Yoshitomo Nara wirft einen einzigartigen Blick auf die Welt, zwischen Wunden aus der Kindheit – die Seinige war einsam und wenig sonnig – und Rebellion gegen die Welt der Erwachsenen. Ein verschmitztes Mädchen mit Vampir-Schneidezahn läuft über den Kopf von Adolf Hitler (Peace Girl, 2019) und erinnert daran, dass er Ende der 1980er Student an der Kunstakademie in Düsseldorf war, wo er bei Professor A.R. Penck lernte. Auch wenn seine Kompositionen einfach er- scheinen, ist das nur ein Trugschluss, denn er hinterfragt die europäische Kunst mit Finesse, von Tondos, die an die Renaissance erinnern (Slight Fever, 2001) in ihrer Beziehung zwischen vereinfachten Hintergrund und der Figur, bis zu eisigen Pastelltönen, die nahe an jenen der Fresken von Giotto sind. 

Im Museum Frieder Burda (Baden-Baden) bis zum 27. April 
museum-frieder-burda.de 

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