Voice Noise, große feministische Hommage von Jan Martens
Mit Voice Noise verbindet Jan Martens Feminismus und Politik, modernisiert die Musik von 13 Komponistinnen, die verkannt oder vergessen sind.
Ruby Elzy, Tanya Tagaq, Kesarbai Kerkar, Cucina Povera, etc. Namen, die zunächst kaum etwas sagen, die der flämische Choreograph Jan Martens wieder zum Leben erweckt. Nachdem er mehr als 200 Stücke unter die Lupe genommen hat, von den 1930er Jahren bis heute, aus den Vereinigten Staaten, Kanada, Indien oder auch Norwegen, hat er eine Auswahl von 13 unter ihnen getroffen. Der Künstler ist es gewohnt Tanz mit musikalischen Werken koexistieren zu lassen, die mehr Anerkennung verdienen würden, aber es ist das erste Mal, dass er sich auf Produktionen beschränkt, die ausschließlich von Frauen kreiert oder aufgeführt wurden. Auf einer schlichten Bühne, die ins Halbdunkel getaucht ist, wechselt sich eine Gruppe von sechs – hauptsächlich weiblichen – Tänzern auf einer riesigen schwarzen Platte ab. Sie müssen manchmal mit Nebelschwaden umgehen, die ihre Bewegungen noch unwirklicher erscheinen lassen, verkörpern Texte mit verschiedensten Stilen und Klängen. Zum experimentellen Elektrotitel Varisevalehti (2022), der finnisch-luxemburgischen Maria Rossi, alias Cucina Povera, schafft die schleppende Stimme der Sängerin eine bizarre rituelle Stimmung, in der das Wort „Empty“ pausenlos wiederholt wird. Inmitten eines eindringlichen und luftigen Loops, liefern die Interpreten ihre eigene Vision, entscheiden sich für eine Wiederholung organischer Gesten, langsam oder desynchronisiert. Der Eine dreht sich zum Beispiel langsam um seine eigene Achse, nimmt den Raum ein, indem er die Bühne überquert, während eine andere sich für rhythmische Sprünge entscheidet. Ein Dritter zieht rhythmische Armbewegungen vor, für ein multiples Bild, das unsere Aufmerksamkeit herausfordert.
Von The Gender of Sound inspiriert, einem Essay, der 1992 von Anne Carson publiziert wurde, der die Rolle des Patriarchats in der Repression der Stimme der Frauen im Laufe der Jahrhunderte analysiert, die als zu schrill und Quelle von Chaos eingestuft wurde, gräbt Jan Martens ausgerechnet jene Titel aus, die diesen Vorwürfen entsprechen: störend, spitz, militant. Darunter ist Sometimes I feel like a motherless child (1938) der amerikanischen Sopranistin Ruby Elzy hervorzuheben, Surge (2006), kehliger Gesang als Hommage an die Inuit der Kanadierin Tanya Tagaq, aber auch die Neuinterpretation der revolutionären italienischen Melodie Bella Ciao vom Core Delle Mondine di Porporana (2019), die zeitgenössische Frauen-morde anprangert. Zum legendären Sol lucet (2023), das von der Norwegerin Marianne Reidarsdatter Eriksen komponiert und vom Trio Mediæval gesungen wird, wechseln die Tänzer zwischen Solo-und Gruppentanz, treffen sich, indem sie lebendige kleine Schritte ausführen, bevor sie sich voneinander entfernen und fesselnde Armbewegungen ausführen, die an mysteriöse Wellenbewegungen erinnern.
Im Maillon (Straßburg) mit Pôle Sud vom 5. bis 7. Februar und im Manège (Reims) am Donnerstag den 6. und Freitag den 7. März