Transformers im Museum Frieder Burda

Ryan Gander, I…I…I…, 2019, Collection Sammlung H. Müller-Spreer © The artist/VG Bild- Kunst, Bonn 2022, Image courtesy the artist and Esther Schipper, Berlin; Photo © N. Kazakov

Transformers stellt einen Dialog zwischen der Sammlung Frieder Burda und mehreren künstlichen Kreaturen her, die von zeitgenössischen bildenden Künstlern realisiert wurden. Und plötzlich wird das Museum lebendig…

Skinny Lederhose. Silberne Stiefel. Schwarzer Pullover und blondes wallendes Haar. Eine junge Frau sitzt auf einer Bank und blickt auf ein abstraktes Gemälde von Gerhard Richter von 1997, einen in seinen Bann ziehenden grünen See, in dem sich der Blick verliert. Bei näherer Betrachtung entdeckt der Besucher, dass es sich um ein künstliches Wesen handelt, einen Klon (aus Silikon mit Metall-Armatur), der auf der Basis eines 3D-Scans der Künstlerin Louisa Clement kreiert wurde, die drei dieser Repräsentantinnen (2002) im Erdgeschoss des Museums verstreut hat. Wenn man einmal neben ihm sitzt, kann sich ein leicht surrealistisches Gespräch in englischer Sprache mit diesem Real human entwickeln, der über alles und vor allem nichts spricht. Die Diskussion mit diesen glamourös-schicken AI ist faszinierend, ebenso wie jene, die sie mit den Meisterwerken der Sammlung, die an den Wänden hängen, unterhalten. Diese drei Maschinen- Frauen treten so in Resonanz mit dem Triptychon Zyklop I, II, III – dithyrambisch (1973) von Markus Lüpertz, aber auch Party (1963) von Gerhard Richter, einer Leinwand mit Schmiss, auf der die Figuren mit Nähten übersät sind, so dass ein idealer Abend des American way of life sich in einen Ball der Vampire verwandelt. Die Werke der Vergangenheit sprechen mit jenen der Gegenwart, sogar jenen der Zukunft, „indem sie die Idee von Museum radikal aufs Neue hinterfragen. Wir wagen ein Experiment, eine konsequente Fortsetzung der Idee der Performance, mit neuen technologischen Mitteln“ fasst der künstlerische Leiter des Museums Frieder Burda und Kurator dieser Ausstellung Udo Kittelmann zusammen, der mit Finesse die Technik und ihre Grenzen ausleuchtet.

Der Rest des Rundgangs entspricht diesem Kredo mit I… I… I… (2019): Eine süße weiße Maus streckt ihr Schnäuzchen aus einem Loch, das auf Bodenhöhe in die Wand gebrochen wurde. Die animatronische Skulptur von Ryan Gander stottert kindliche Worte, die schwer verständlich sind. So stellt sie unsere Situation in Frage, ebenso wie die Kerze (1982), „Photo-Gemälde“ von Gerhard Richter in Form eines zeitgenössischen Vanitas-Still-Lebens, das seinem digitalen und mobilen Avatar von Timur Si-Quin gegenübersteht, von dem auch Werke aus der Serie Mainstream gezeigt werden, bearbeitete Plakate des Films Transformers, um die Natur mit außerirdischen Maschinen in Kontrast zu setzen. Die Ausstellung endet mit einer Installation von 2014 von Jordon Wolfson: Der Besucher, der in einen abgedunkelten, abgetrennten Raum eintritt, in einem Saal, in dem Meisterwerke hängen – Copley, Pollock, Baselitz, etc. –, wird von einer klinischen Atmosphäre geblendet. Ihm gegenüber schwingt eine Female Figure, eine knallharte Roboter-Kreatur in Overknee-Stiefeln und dreckigem weißen Tanga, die Hüften zu Graceland von Paul Simon und Applause von Lady Gaga, in extremer Lautstärke. Erregung und Abstoßung vermischen sich. Schamlos wirft uns die Tänzerin, die aus einem Bordell in Nebraska entsprungen sein könnte, gleichzeitig laszive und drohende Blicke zu, Metaphern einer möglichen Zukunft unserer ebenso verwirrenden wie verwirrten Epoche.

Transformers, Museum Frieder Burda

Im Museum Frieder Burda (Baden-Baden) bis zum 30. April
museum-frieder-burda.de

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