Fiktion Kongo im Museum Rietberg: Die afrikanische Kunst im Augen des Westens

Hans Himmelheber, Personnage portant un masque Ngolo avec des cornes et des hommes dans la région de Pende, 1938. © Musée Rietberg, Donation Erbengemeinschaft Hans Himmelheber

Das Museum Rietberg in Zürich wirft einen kritischen Blick auf den westlichen Diskurs zur afrikanischen Kunst. In Fiktion Kongo, zieht die Vergangenheit die Gegenwart zur Verantwortung.

Die Demokratische Republik Kongo ist ein Land, das wie kein anderes vor Kreativität strotzt. Das Museum der Kunst der Welt in Zürich fügt zu dieser künstlerischen Feier einen originellen Blickwinkel hinzu, indem es seine unglaubliche Sammlung von Objekten, Photographien und Schriftstücken des Ethnologen Hans Himmelheber mit den Positionen aktueller kongolesischer Künstler konfrontiert. Die Details seiner Expedition (1938-1939) erlauben es, die Kolonialmacht Belgien zu untersuchen und ihre Wel- len der systematischen Zerstörung der Kunst-und Kultobjekte, aufgrund ihrer Rolle im Widerstand gegen die Besatzer und die erzwungene Christianisierung. So kritisiert Steve Bandoma mit dem Gemälde Papotage die Rolle der Kirche mit einer Ansicht des Papstes, dessen Gesicht unter feinen Holzscheiben verschwindet, die mit einer Mbangu-Figur enden, einer Maske der Pende, die total asymmetrisch ist und sich der Ästhetik der Krankenmasken annähert. Aimé Mpane seinerseits amüsiert sich damit Holztafeln beiderseits zu gravieren: Auf der einen Seite ein Maske als Flachrelief, die andere Seite bunt wie es die europäischen Künstler machten, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts von der „Negerkunst“ inspirieren ließen. Das Sammeln von Artefakten und anderen Skulpturen zu Forschungszwecken hat heute die Konturen eines echten Kunstraubs, was von Sammy Baloji aufgezeigt wird. Angesichts des Unbehangens beim Betrachten dieser Objekte, die im Exil, weit entfernt von den Orten sind, an denen sie geschaffen wurden und an denen sie wirken, ist der berühmte Bildhauer während seiner Künstlerresidenz im Museum in ihr Universum eingetaucht um ihnen eine Stimme zu verleihen. Die drei Kapitel der Ausstellung beschäftigen sich mit wichtigen Fragen.

Kambanda Initiationsmaske mit Frauengesicht, Künstler aus der Region Pende, vor 1939 © Musée Rietberg, Schenkung Barbara und Eberhard Fischer

Design und Eleganz versammelt Werkzeuge aus Holz (Kelche, Bestecke…) und Prestigeobjekte wie die königlichen Kuba- Masken, mehrere Meter lange Tanzstoffe aus Raffia, mit abstrakten Motiven, Glasperlen und Kaurischnecken, von denen sich besonders Klee, Picasso und Matisse inspirieren ließen. Die aktuellen Sapeurs, Dandys, die der Gesellschaft der Unterhalter und eleganten Personen angehören, wurden in Kinshasa von Yves Sambu festgehalten, aber auch in der europäischen Diaspora, mit Photographien, die Fiona Bobo in Zürich realisierte. Power und Politik – das von Performance und Initiation ergänzt wird, das den Stellenwert der Initiationsriten vermittelt – befasst sich mit der Rolle der Statuen und Masken bei den Benalulua (mit Gesichtsskarifikationen), Songye (ihre wunderschönen geometrischen Furchen) und Pende. Die Kunst der Repräsentation in Form von Skulpturen wird unter der Kolonialherrschaft ein Akt des Widerstandes, angesichts des Verbots der Geheimgesellschaften, die für die Organisation und das soziale Gleichgewicht der Mächte zwischen animistischen Mythen und Glauben, dem Kult der Vorfahren und der Wahrsagerei verantwortlich waren. Das gleiche gilt für die Nkisi, menschenähnliche Figuren, die oft von Nägeln durchlöchert sind und bei rituellen Zeremonien von Hexen „aktiviert“ wurden, die durch das Hinzufügen von Substanzen (Alkohol, Blut, Haaren, Fasern…) einen Dialog mit dem Unsichtbaren eingingen. Röntgenaufnahmen zeigen die versteckten Schichten an Materie, die zu den Skulpturen hinzugefügt wurden. Mit seinem Digitalen Nkissi arbeitet der Künstler Hilary Balu Kuyangiko diese Figuren mit gebrauchten Elektronikteilen um, ein Symbol für die sich auflösende Verbindung zur Erde und den noblen Materialien, unter dem Einfluss der Gier des weltweiten Kapitalismus für die Rohstoffe, wie das Coltan, das in den kongolesischen Minen abgebaut wird.

Hilaire Balu Kuyangiko, Nkisi numérique, 2017. Collection Nuno Crisostomo, The Bujas-Crisostomo Family Collection. Photo : Rainer Wolfsberger, Musée Rietberg

Im Museum Rietberg (Zürich), bis zum 15. März
rietberg.ch

Kongo-Remix, am 29.02. (15-22 Uhr), ein Tag, der Kunst, Literatur, Musik und Gastronomie gewidmet ist, mit Künstlern wie David Shongo, Michèle Magema, Hardy Nimi, Sapeurs und Fiston Mwanza Mujila

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