The next kunsthalle

© Çağla İlk und Misal Adnan Yıldız, Foto: Göksu Baysal

Mit Çağla Ilk und Misal Adnan Yıldız übernimmt ein erfrischendes Duo die Zügel der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden. Begegnung rund um ein aufregendes und zutiefst politisches Projekt.

Sie haben beide getrennt voneinander zahlreiche Erfahrungen im Bereich der zeitgenössischen Kunst gesammelt. Çağla Ilk, die an der Grenze zwischen Architektur, plastischer Kunst und Performance arbeitet, war auch Dramaturgin und Kuratorin am Maxim Gorki Theater in Berlin. Misal Adnan Yıldız seinerseits hat das Künstlerhaus Stuttgart geleitet (2011- 2014) und Ausstellungen wie A History of Inspiration im Palais de Tokyo kuratiert. Auch wenn sie sich amüsieren, wenn sie sagt „Ich bin Baden“ und er hinzufügt „Ich bin Baden“, definieren sie sich vor allem auf politische Weise: „Ich bin eine Queer-Person und Du bist eine anatolische Feministin“, wirft der Zweitgenannte mit einem breiten Lächeln ein.

Die beiden Direktoren, die aus der Türkei stammen, kommen mit einem transkulturellen Projekt in die Badestadt, das die Lichtentaler Allee ein wenig aufrütteln soll. „Wir sind ein Kollektiv“ erklärt Çağla: „Wir werden uns auf das konzentrieren, was die Gesellschaft bewegt. Wir werden in direktem Kontakt mit der Welt und den Künstlern stehen ; es geht nicht darum eine Biennale zu durchstreifen und Werke auszuwählen, so wie man in einen Supermarkt geht.“ Und ihre Alter Ego fügt hinzu „Wir wollen die nächste Kunsthalle aufbauen, jene der Zukunft, eine Agora für die Phantasie und innovatives Vokabular, ein Zentrum für alle Formen des Widerstandes. Wir wollen nicht alles zerstören, das ist negative Energie, aber neue Beziehungen aufbauen, ein Repertoire anstelle eines klassischen Ausstellungsprogramms schaffen, eine Form der gemeinsamen Arbeit mit den Künstlern.“

Anstatt große Namen zu suchen, jene von heute oder morgen, ziehen sie es vor aus dieser „kapitalistischen Produktionsweise“ auszusteigen um auf Dauer eine echte Beziehung mit den Künstlern aufzubauen und die Kunsthalle in einen Ort für vielförmige Experimente zu verwandeln „mit allen Risiken, die das mit sich bringt.“ Davon zeugt ihr Projekt Conditions of a Necessity, das aus einer Feststellung resultiert: „In Baden-Baden gibt es keine Kunsthochschule. Und wenn Sie Direktor einer Kunstinstitution in einer Stadt sind, in der es keine Kunsthochschule gibt, kann man Angst bekommen. Also lassen wir sie herkommen“: acht Klassen, die zwei Wochen lang Ende September, Anfang Oktober aus München, Leipzig, Berlin etc. kommen. Aus diesen Wallungen in Form einer Neuerfindung eines Kollektivs wird eine Ausstellung entstehen (21.01.-25.02.21), ohne jegliches Vorurteil. Mit den jungen Kunstschaffenden von Morgen die Ausstellung der Zukunft zu erfinden, das macht Sinn…

touchy
Die monographische Ausstellung Fragmente einer Berührung (31.10.-31.12.) ist Valie Export gewidmet, einer achtzigjährigen Bildhauerin aus Österreich und großer Figur des Feminismus. Für sie ist der Kontakt nicht nur physisch, sondern soll als Erkundung einer Grenze verstanden werden, eines Übergangs-Raums. Dieses Thema entfaltet sich in Filmen und Installationen dieser Pionierin des expanded cinéma.
kunsthalle-baden-baden.de

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