Schwarze Nacht der Seele : Goya in der Fondation Beyeler

Francisco de Goya, Le Sabbat des sorcières Hexensabbat, 1797/98, Museo, Lázaro Galdiano, Madrid © Museo Lázaro Galdiano

Mit ihrem meisterhaften Goya empfindet die Fondation Beyeler den Lebensweg von jenem nach, der durch das düstere Glühen seiner Werke, den menschlichen Wahnsinn und die Grausamkeit aufdeckte.

In der Malerei gibt es keine Regeln” sagt Goya der Rebell 1792. Die aufständische Aussage, sagt alles über die starke Geisteshaltung ihres Autors aus. Mit seinem gleichzeitig faszinierenden und widersprüchlichen Werk, vom
Gold des spanischen Hofes zum Horror der Napoleonischen Kriege, vom Optimismus der Aufklärung zur Dunkelheit der Romantik brachte der große, kolossale, der gigantische Francisco de Goya y Lucientes (1746-1828) die Kunstgeschichte durcheinander. Mit mehr als 70 Gemälden und rund hundert Zeichnungen ist diese Retrospektive eine der wichtigsten, die jemals außerhalb seines Landes gezeigt wurden.

Licht

Zu den Höhepunkten zählt das sehr berühmte Portrait in Weiß der Herzogin von Alba, der großen Liebe des Künstlers, genauso wie zwei selten ausgestellte Gemälde, Maja und Célestine auf dem Balkon und Zwei Majas auf einem Balkon. Zu sehen ist auch die prächtige Bekleidete Maja, reizend mit ihren vor Lust geröteten Wangen und den gehobenen Armen um ihre Brust zur Geltung zu bringen. In Lebensgröße gemalt, formt ein zartes Kleid aus weißer Seide ihre Silhouette, lässt zwischen ihren geschlossenen Schenkeln die schwarze Schambehaarung erahnen. Dieses Gemälde, das zwischen 1800 und 1807 realisiert wurde und hinter dem dank eines geheimen Mechanismus, das nackte Spiegelbild der jungen Frau versteckt war, hat Goya fast auf den Scheiterhaufen gebracht und inspirierte Manet zu seiner verrufenen Olympia.

Dunkelheit

Im Jahr 1793 erfährt das widersprüchliche Werk von Goya einen brutalen Stilbruch. Er fängt sich eine schwere Krankheit ein, die ihn taub macht. So beginnt er das Schlimmste zu erzählen, was die Menschheit hervorbringen und erdulden kann. Die Szenen von Inneres eines Gefängnisses, Das Irrenhaus und Kannibalen bereiten ihr Opfer zu erobern die Gemäldekabinette, die für den intimsten Kreis reserviert sind. In Hexensabbat erliegen die Priesterinnen dem Charme eines riesigen Ziegenbocks mit großen Hörnern, was nebenbei daran erinnert, dass der Spanier ein Zeitgenosse des Marquis de Sade war.

Als gequälte Seele erkundet der Visionär auch in seinen Radierungen seine Caprichos, die 1799 veröffentlicht werden, seine eigenen inneren Welten, die die Untiefen seines Unterbewusstseins erkunden (Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer). Mit dem Einmarsch der französischen Truppen in Spanien 1808 wird Goya zum Chronisten der Gräueltaten beider Seiten. Davon zeugt Die Schrecken des Krieges mit ihren hin und her gezogenen Körpern und ihren Teppichen aus auseinandergerissenen Kadavern. Von Picasso bis Bacon, von den Surrealisten bis Philippe Parreno (dessen hypnotischer Film über die Schwarzen Gemälde über die Gemälde an den Wänden des Hauses des spanischen Malers den Rundgang abrundet) ist Goya seit zwei Jahrhunderten eine unumgängliche Referenz. „Sein großer Verdienst“, notierte Baudelaire in seinen Ästhetischen Kuriositäten, „besteht darin das wahrscheinliche Abscheuliche zu kreieren. Alle diese Verrenkungen, diese brutalen Gesichter, diese teuflischen Grimassen, sind von Menschlichkeit durchtränkt“.


In der Fondation Beyeler (Riehen / Basel) bis zum 23. Januar 2022

fondationbeyeler.ch 

> Führung in deutscher Sprache mit dem Kurator Martin Schwander
(15.12., 18:30 Uhr)

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