Russische Ostern oder die Osterfestspiele in Baden-Baden
Die Berliner Philharmoniker erobern Baden-Baden für die Osterfestspiele, die mit einer Neuproduktion der Pique Dame von Tschaikowski begangen werden.
Auf der Basis der gleichnamigen Novelle von Puschkin ist die Pique Dame von Tschaikowski (09.-18.04.) wie ein schwindelerregender Rausch: Zwischen Leidenschaft des Spiels, verhinderter Liebe und übernatürlichen Erfahrungen, leuchtet die Oper in einem düsteren Licht, das uns hoffnungslos anzieht. In Baden-Baden wurde die Inszenierung dem ikonoklastischen Duo aus Moshe Leiser und Patrice Caurier anvertraut, die seit Anfang der 1980er Jahre zusammenarbeiten. Sie sehen Hermann, die Hauptfigur, wie einen Unschuldigen, eine verlorene und gebrochene Seele, die an Woyzeck erinnert, indem sie die Geschichte in eine Detektivgeschichte verwandeln, die an Agatha Christie oder Edgar Wallace denken lässt. Diese sehnlichst erwartete Produktion ist der Höhepunkt der traditionellen Residenz der Berliner Philharmoniker in Baden-Baden, die in diesem Jahr russische Farben annimmt, die wie ein frontaler Zusammenstoß mit den aktuellen Nachrichten sind… und es noch dringlicher machen, dieses Repertoire zu hören, das man nicht mit einem politischen Regime verwechseln darf. Es in Deutschland oder in Frankreich zu verbreiten erinnert daran. Der Dirigent des Berliner Orchesters, Kirill Petrenko – der sich mit großer Klarheit zur Invasion der Ukraine geäußert hat – ist sicherlich der beste Interpret um uns in die Geheimnisse der Musik von Tschaikowski einzuweihen, von dem er auch Jolanthe (17.04.) in einer erstaunlichen Version mit Sonya Yoncheva in der Titelrolle dirigiert.
Am Dirigentenpult der Berliner folgen Chefs wie François-Xavier Roth für ein Programm, das von Strawinsky (10.04.) oder Andris Nelsons (16.04.) durchzogen wird, mit Le Sacre du Printemps und dem Trompetenkonzert von Mieczysław Weinberg, interpretiert von Håkan Hardenberger. Ein Werk, das kurios erscheint, wenn man weiß,dass sein Autor beim Einmarsch der Nazis 1939 aus seinem Heimatland Polen geflohen war. Man füge dem mehr als zwölf Kammerkonzerte hinzu, die von den Mitgliedern des prestigeträchtigen Orchesters an verschiedenen Orten gegeben werden und Ereignisse wie einen Vortrag des Philosophen Peter Sloterdijk (11.04., Kurhaus) und man versteht, dass die Badestadt zehn Tage lang im Berliner Rhythmus pulsieren wird. „Wir wollen unsere Osterfestspiele mit der Geschichte und der Seele von Baden-Baden in Einklang bringen und nicht die Konzerte aneinanderreihen wie bei einer Parade“, erklärt Benedikt Stampa. Und der Intendant des Festspielhauses verrät „eine starke Verbindung mit Richard Strauss im kommenden Jahr, unter anderem mit Die Frau ohne Schatten“, bevor er ein Ereignis für das Jahr 2025 in Kooperation mit dem SWR Symphonieorchester rund um Pierre Boulez ankündigt.
Im Festspielhaus (Baden-Baden), vom 9. bis 18. April
festspielhaus.de