Pop is everything: Lilly Wood & The Prick

Photo de Nicolas Prado

Engagierte Texte, sonnige Melodien und eine Pop-Elektro-Produktion. Das prickelnde Duo Lilly Wood & The Prick ist mit dem hypnotischen Most Anything zurück.

Sieben Jahre nach ihrem Remix durch den deutschen DJ Robin Schulz bleibt das Lied Prayer in C der zweite aller meistgesuchten Titel auf Shazam. Der Ursprung des vitaminreichen Sommerhits 2014 ist eine etwas kummervolle Ballade aus dem Album des französischen Duos Lilly Wood & The Prick. Von diesem Sturm des Welthits mitgerissen, ein bisschen überrollt von diesem unerwarteten Erfolg, haben die Sängerin Nili Hadida und der Gitarrist Benjamin Cotto eine Tournee an die nächste gehängt, von Europa in die Vereinigten Staaten. Bevor sie sich 2016 entschlossen alles aufzuhören. „Wir mussten alles was uns passiert war verdauen“, erklärt
Nili, alias Lilly Wood, deren Bühnenname von einer Rolle kommt, die sie in einem Kurzfilm über die imaginäre Tochter des Z-Serien-Regisseurs Ed Wood spielte. „Und nach einem Jahrzehnt unterwegs, seit wir 19 Jahre alt sind immer zusammen, brauchten wir eine Pause, um uns selbst zu finden, an uns zu arbeiten… individuell“, fügt The Prick (der kleine Idiot in US Umgangssprache) hinzu. Dieses bizarre platonische Paar hat mehr als sechs Jahre gebraucht um sich wiederzufinden und sein viertes Werk zu erarbeiten: Most Anything. Vierzehn Titel mit akkurater Produktion, zwischen nebelhaftem Singsang, der sich von der Revolte von Adèle Haenel bei den Césars inspiriert (Adele), eine Hymne an die Achtziger Jahre, zu Ehren von Eleonore von Aquitanien (Ali), hedonistisches Clubbing (In Love For The Last Time) oder auch eine meditative Ritornelle in Form einer mystischen Ansprache an eine göttliche Einheit, an die keiner der beiden Atheisten glaubt (I’m Lost).

Ein Eklektizismus zu dem die beiden Dreißigjährigen voll und ganz stehen, die mit dem musikalischen Patchwork der 1990er und 2000er Jahre genährt wurden, als Nirvana und Jamiroquaï neben Mariah Carey oder Shola Ama in den Charts waren. „Der Pop ist ein breitgefächertes Genre, ohne Komplexe, das zahlreiche Einflüsse erlaubt und die Möglichkeit verleiht alles zu mischen, ohne an die Grenzen zwischen den Genres zu denken. Wir sind definitiv Pop“ behauptet Benjamin Cotto. Eines ändert sich nicht: Die engagierten Texte von Nili, mit ihrer heiseren Soul-Stimme. Die erste Single You Want My Money denunziert mit großer Selbstironie die Absurdität des Massenkonsums, zu einer fröhlichen Melodie direkt aus den Sechziger Jahren, ein ironischer Backstein im Tümpel der Goldenen Dreißiger. „Es ist nur ein Kommentar zur Gesellschaft, die uns umgibt und zu der wir gehören. Es geht nicht darum den Moralapostel zu spielen“, präzisiert die Sängerin. „Wir stecken alle in der Falle der großen kapitalistischen Maschine, aber mit diesem Stück und diesem Clip, der es begleitet, glaube ich, dass wir ein bisschen die Kontrolle zurückgewinnen, indem wir uns über uns selbst lustig machen.


In La Cartonnerie (Reims), am Samstag den 9. Oktober, in der BAM (Metz), am Donnerstag den 14. Oktober, in La Vapeur (Dijon), am Freitag den 15. Oktober, in La Laiterie (Straßburg), am Samstag den 16. Oktober

lillywoodandtheprick.com

Erschienen bei Cinq7 / Wagram Music, 2021
cinq7.com

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