Ox & Klee: Besuch bei Daniel Gottschlich

Ox & Klee : Daniel Gottschlich

Mit Ox & Klee erkundet Daniel Gottschlich die sechs grundlegenden Geschmacksrichtungen. Besuch in Köln, um eine Avant-Garde- Gastronomie zu entdecken, die mit zwei Sternen im Guide Michelin ausgezeichnet wurde.

In eines der riesigen Kranhäuser, die zu Beginn des 21. Jahrhunderts am Rheinufer errichtet wurden – und schnell zu einem Symbol für Köln wurden – schmiegt sich das Restaurant hinein, das eine Oase des Friedens und der Ruhe mit eleganter Modernität ist. In der Ferne schillert der Fluss in der Dunkelheit. Das seit 2016 installierte Ox & Klee verdankt seinen Namen „zwei sehr starken Symbolen, dem Ochsen und dem Klee“. Ein spanisches Sprichwort behauptet „Wenn der Ochse Klee frisst, wird die ganze Herde satt“. Oxalis ist außerdem der lateinische Name für Klee, daher die Schreibweise. Der Name „Ox“ steht bei uns außerdem für das Menü mit tierischen Produkten, der „Klee“ für das vegetarische Menü“, fasst Daniel Gottschlich zusammen, der eine avantgardistische Küche mit vielerlei Verführungen praktiziert. Sein roter Faden? Eine Erkundung der sechs grundlegenden Geschmacksrichtungen. Während vier von ihnen wohlbekannt sind – süß, salzig, sauer, bitter – heißt die fünfte umami („wohlschmeckend“): Sie steht mit Glutamat in Verbindung, erinnert an einen seidigen Geschmack, der 1908 von Kikunae Ikeda ans Licht gebracht wurde. Mitte der 2010er Jahre haben Forschungen, die in der Revue Chemical Senses veröffentlicht wurden, einen sechsten zur Geltung gebracht, den die Wissenschaftler oleogustus getauft haben, was zeigt, dass der menschliche Gaumen das Fett von den anderen Geschmacksnoten unterscheiden kann.

Ox & Klee
Ox & Klee

Das Genie des vierzigjährigen Küchenchefs drückt sich in der Erfindung eines einfallsreichen unheimlich kohärenten Menüs aus – das sich oft als ein Spiel für Geist und alle Sinne herausstellt – in dem sich die Intensität der Möglichkeiten dieser sechs Geschmacksnoten und ihre Kombinationen entfaltet, die von ebenso vielen Piktogrammen repräsentiert werden. Es beginnt mit sechs ausgefeilten Häppchen (in der sich insbesondere die Verbindung von Roter Beete und Quinoa auslebt): Es ist den Gästen überlassen, zu entdecken, zu welcher Geschmacksnote jedes gehört. Von rheinischen Anspielungen (ein Halver Hahn1 3.0 von extremer Finesse, in Begleitung eines unvermeidlichen Kölsch2, oder einer neu interpretierten Bretzel in ihrem Schmuckkästchen) bis zur modernen Küche ist die Erfahrung bezaubernd. In diesem totalen Kunstwerk in zehn oder fünfzehn Akten, werden wir schwach für die Verbindung des Zanders mit der Schwarzwurzel, eine Komposition in Form einer eleganten Emulsion, übersät mit Blütenblättern und Kräutern, die dem Ensemble den Aspekt eines abstrakten Gemäldes mit brutalistischer Stimmung verleihen. Es wird begleitet von einem ikonischen Jurançon vom Weingut Didier Daguenau, Les Jardins de Babylone. Ein Meisterwerk, wie alle ausgewählten Weine, für eine Harmonie, die die Geschichte des Weinanbaus erkundet, in der georgische Flaschen mit überschwänglichen Weinen aus Bulgarien tanzen. Überall spürt man das Feuer, das Daniel Gottschlich beseelt, der ebenfalls ein leidenschaftlicher Schlagzeuger ist, der insbesondere Hors d’œuvre von Vito Žuraj aufführt, womit er ein neues Licht auf seinen Beruf wirft.


Wie haben Sie die Küche entdeckt? Was sind Ihre ersten gastronomischen Erinnerungen?
Das geht auf meine Mutter und meine Oma zurück. Beide haben eine rheinländische Küche auf den Tisch gebracht. Ich kann mich besonders an ein Gericht von meiner Oma erinnern: Nudeln, Kartoffeln, Hackfleisch mit Brühe, Lorbeer und Apfelkompott. Das gab es in einzelnen Portionen und war eine prägende Kombination aus vielen Aromen.

Wer sind Ihre Vorbilder? Welche Köche haben Sie beeinflusst?
Ich habe nicht ein Vorbild, aber natürlich gibt es Menschen, deren Essen oder Weg ich inspirierend finde. Ich bin 2017 zum Beispiel nach London gereist und war im Fat Duck essen. Heston Blumenthal hat dort eine Mockturtlesuppe serviert, die mich extrem beeindruckt hat – vor allem wegen der Präsentation.

Im August 2010 haben Sie Ox & Klee eröffnet: woher kam die Idee?
Ich hatte schon als Jugendlicher die Idee, später mal ein Restaurant zu eröffnen. Zwei Jahre nach meiner Ausbildung als Koch war es dann so weit und ich habe das Ox & Klee eröffnet, damals noch ein kleines Restaurant im Belgischen Viertel. 2015 sind wir mit dem ersten Michelin-Stern ausgezeichnet worden, 2016 folgte dann der Umzug in den Rheinauhafen.

Daniel Gottschlich
Daniel Gottschlich

Woher stammt der Name des Restaurants?
Beides sind für mich sehr starke Symbole, der Ochse und der Klee. Im Spanischen gibt es ein Sprichwort, das sagt: „Wenn der Ochse Klee frisst, wird die ganze Herde satt.“ Oxalis ist außerdem der lateinische Name für Klee, daher die Schreibweise. Der Name „Ox“ steht bei uns außerdem für das Menü mit tierischen Produkten, der „Klee“ für das vegetarische Menü.

Wie würden Sie Ihre kulinarische Philosophie beschreiben?
Ich würde sagen, dass wir eine avantgardistische Gourmetküche präsentieren. Im Fokus stehen immer die sechs Geschmackssinne süß, salzig, sauer, bitter, fettig und umami. Sie ziehen sich wie ein roter Faden durch unser Experience Menü.

Gibt es eine Verbindung mit der rheinländischen Tradition?
Ja, auf jeden Fall. Deshalb servieren wir bei uns den Halven Hahn* und werden uns auch bei zukünftigen Gerichten inspirieren lassen.

Ox & Klee
Ox & Klee

Sie arbeiten mit den sechs Geschmackssinnen: was können Sie uns darüber sagen?
Im Laufe meiner Karriere habe ich festgestellt, dass immer mehr Gäste ihre Intuition für ihre Geschmackswahrnehmungen verloren haben. Deshalb habe ich mich näher mit diesem Thema befasst und unter anderem ein Projekt mit Wissenschaftler der TU Berlin gestartet. Entstanden ist schließlich ein Menü, das die sechs Geschmackssinne wieder spielerisch erlebbar macht. Knapp zwei Jahre lang habe ich mit meinem Team an dieser Idee gearbeitet. So haben wir ein einzigartiges Menü, kreiert, das Gäste auch haptisch und visuell erleben können.

Wo finden Sie Inspiration?
Das kann überall passieren, meistens inspirieren mich neue Orte und neue Menschen.

Kann man von einem “gesamten Erlebnis” sprechen?
Ja. Das ist das, was wir uns wünschen und woran wir tagtäglich arbeiten.

Haben die zwei Sterne Sie und Ihre Küche verändert? Ist der dritte ein Ziel?
Nein, aber sie hat sich weiterentwickelt. Ein dritter Stern ist nicht unbedingt das Ziel, aber natürlich ein Ansporn.

Ox & Klee
Ox & Klee

Sie sind auch ein begeisterter Schlagzeuger: Was verbindet diese beiden Aktivitäten?
Mir ist beides sehr wichtig und so versuche ich immer wieder, die Dinge zusammenzubringen. Im Restaurant haben wir zum Beispiel ein eigenes Soundsystem installiert. Wir haben es zusammen mit einem Kölner Produzenten komponiert und erweitern es auch immer wieder. Bei dem Konzertstück von Vito Žuraj gibt es ebenfalls Überschneidungen, weil es darin um einen Schlagzeug spielenden Koch geht.

Wie ist Ihr Musikgeschmack?
Breit gefächert, aber ich habe klare Tendenzen zu Rock.

Im Juni 2019 haben sie mit Küchenutensilien gemeinsam mit dem WDR Sinfonieorchester das Konzertstück Hors d’oeuvre von Vito Žuraj gespielt: was können Sie uns dazu sagen?
Dass ich damit meine große Passion ausleben darf – die Musik. Es ist eine große Herausforderung, mit einem solchen Orchester auf der Bühne zu stehen. Für mich ist es der perfekte Ausgleich zu meinem Leben als Unternehmer und als Koch.

Was können Sie uns über das Puls (2022) erzählen?
Das Puls ist das Restaurant im Hotel „The Legend“ in der Kölner Innenstadt. Bei diesem gastronomischen Konzept geht es darum, den Gästen Gerichte zum Teilen anzubieten, aber auch à la carte-Speisen. Insgesamt steht das Zusammensein hier im Vordergrund und die Lebendigkeit, deshalb gibt es auch eine Bar. Das Essen folgt hier keiner fest definierten Reise, sondern ist römisch antik und mediterran inspiriert. Denn der Namensgeber für das Puls bzw. altrömisch korrekt geschrieben „PVLS“ ist ein aus der römischen Antike bekannter Eintopf mit Getreide. Der moderne Nachfolger ist heutzutage die Polenta. In der Menükarte finden sich diese historischen Einflüsse wieder. Die Gerichte sind modern puristisch, aber mit einem historischen Twist.

Daniel Gottschlich
Daniel Gottschlich

Ox & Klee liegt Im Zollhafen 18 (Köln). Geöffnet mittwochs bis samstags, ausschließlich abends. Menü von 185 bis 260€
oxundklee.dedanielgottschlich.de

1 Typische Speise aus Köln: Ein halbes Roggenbrötchen mit Gouda, Gurke und Senf, mit Paprika bestreut

2 Ein obergäriges Vollbier, das in Köln oder Umgebung gebraut wurde, mit einem leicht fruchtigen Geschmack und geringer Bitternote, traditionell wird es in hohen, schlanken zylindrischen Gläsern (Kölner Stange) mit einem Fassungsvermögen von 0,2 Litern serviert

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