Für seine 10. Ausgabe, verwandeln sich Les Vagamondes. Schluss mit den Kulturen des Südens, Platz für ein grenzenloses, eklektisches Festival.
Das Team von La Filature, das entschlossen war, für Les Vagamondes ein neues internationales Programm auf die Beine zu stellen, ist so ehrgeizig wie eh und je: Dreizehn Vorstellungen und zahlreiche Begegnungen und Konferenzen, mit wenigen pandemiebedingten Begrenzungen. Diejenigen, die im vergangenen Jahr dank eines Live-Streams Rocío Molina in Impulso entdeckten, werden bestimmt in die Coupole in Saint-Louis (23.03.) strömen. Die legendäre Flamencotänzerin von 38 Jahren zeigt hier endlich ihr Stück in Begleitung der Oud von Ahmad Al Khatib und der Gruppe Sabîl. Im Laufe dieses experimentellen Abends setzt sie ihre Suche nach der Apotheose fort, indem sie von einem „Trieb ausgeht, der aus dem Körper kommt um den Geist zu erobern, auf der Suche nach der absoluten Wahrheit des gegenwärtigen Augenblicks“ während sie sparsam ihre Zapateados einsetzt, schnelle Schritte mit den Absätzen, in einem zügellosen Rhythmus. Eine Suche nach – fast – totalen Freiheit, eine Performance voller Seele, ein Sprung ins Ungewisse, der zu dem führt, was zählt.
Eine weitere Choreographie stammt vom Duo Tänzer / Roboter des Taiwanesen Huang Yi (HUANG YI & KUKA, 24. & 25.03., La Filature). Begleitet von einem ergreifenden Violoncello entwickelt sich eine Beziehung zwischen einem industriellen beweglichen Arm (seine Kabel und seine einfallsreiche Programmierung) und einem Künstler, der im Kontakt mit ihm sachte und introspektiv ist. Huang YI gesteht, dass er als Kind davon geträumt hat, einen Begleiter wie KUKA zu haben, er der Fan des Mangas Doraemon war, dessen Held ein Katzen-Roboter ist, der alle Probleme seines Meisters, des jungen Nobita löst. Die Gegenüberstellung, zu der er uns heute einlädt ist jene eines Seelenspiegels mit dem, der sich im Laufe seiner Kindheit dazu gezwungen hat, perfekt zu sein, als seine Eltern, nachdem sie den Luxus kannten, alles verloren und ihr Leben mehr schlecht als recht in der Misere fortsetzten. Er hat sich zurückgehalten, angepasst. Dieses Duo aus Mensch und Maschine ist seine Art und Weise dem Kummer und der Traurigkeit, die in seiner Kindheit seine engsten Begleiter waren, einen Sinn zu verleihen. Einige Gramm Poesie verraten die Illusion, die das Bild darstellte, das er von sich zeigte um seine Angehörigen zu beruhigen.
Zu den Künstlern, denen man folgen sollte, gehört Fabrice Murgia, eine der Galionsfiguren des belgischen Theaters mit La Dernière nuit du monde (18.03., La Filature). Er schafft ein theatralisches Märchen mit Laurent Gaudé, in dem sich Video und Stimmen vermischen: Unsere Gesellschaft wird von der Erfindung einer Pille erschüttert, die es erlaubt den täglichen Schlafbedarf in 45 Minuten zu decken. Der Traum des gewinnorientierten Liberalismus, der von Gabor verkörpert wird, einem Kommunikationsbeauftragten dieser revolutionären Firma, wird zu einem Wach-Albtraum in dem ein Orakel-Kind und die Bewegung Nuit Noire (Schwarze Nacht) Widerstand leisten. Pour Autrui (22. & 23.03., La Filature, ab 14 Jahren) behandelt ein weiteres aktuelles Thema, die Leihmutterschaft, mit der sich Pauline Bureau auf brillante Weise befasst. Sie hinterfragt die zeitgenössischen Entwicklungen der Mutterschaft, der Elternschaft und der Abstammung indem sie der Geschichte von Alexandre und Liz folgt, die nach einem Gebärmutterhalskrebs unfruchtbar ist, worauf ihr von ihrer Schwester eine Leihmutter in San Francisco angeboten wird. In einem spektakulären Bühnenbild mit Haspel und Alkoven, die teuflisch effizient sind um Videoaufnahmen zu empfangen, entwickelt sich eine politische Überlegung zum Körper der Frauen, im Angesicht einer aktuellen Neuverteilung der Karten.
In Mulhouse und Umgebung vom 15. bis 26. März
lafilature.org
> Pour Autrui wird ebenfalls in La Comédie de Colmar (09. & 10.03.) und im Théâtre Dijon Bourgogne (29.03.-01.04.) gezeigt
comedie-colmar.com – tdb-cdn.com
