Nichts ImPOSSIBLE im Museum Frieder Burda
Im Museum Frieder Burda ist nichts ImPOSSIBLE, denn es präsentiert ein aufregendes Konzentrat der Möglichkeiten der Vorstellungskraft.
Ein Satz des Philosophen Theodor W. Adorno aus Minima Moralia eröffnet die Ausstellung und stellt gleichzeitig ihr Kredo wie ihre knappe Zusammenfassung dar: „Kunst ist die Magie, befreit von der Lüge, Wahrheit zu sein.“ Im Laufe des Rundgangs folgt eine Entzückung auf die Nächste mit Werken, in denen das Unmögliche zu einem alternativen Modell einer Realität erhoben wird… die immer mehr mit ihm flirtet. Der Besucher wird so von einer Neuinterpretation David Romeros von The Illinois empfangen, einem Wolkenkratzer von 1730 Metern Höhe, der von Frank Lloyd Wright entworfen, aber nie realisiert wurde. Die computergenerierte Simulation des spanischen Architekten von rund zehn Metern zeigt eine menschliche Utopie, von der sich die Schöpfer des Burj Khalifa inspirieren ließen, der mit 828 Metern der höchste Turm der Welt ist. Auf geht es zur immersiven Installation von Daniel Knorr: In Calligraphic Wig (2019-24) einzutauchen, bedeutet in einen Saal mit spiegelnden Wänden einzutreten, in dem Fragmente von bemaltem Plastik, Fäden, Kordel und andere Knäuel aus Abfällen einer Recycling-Firma in Hong-Kong hängen. Sie stellen ein Alphabet von weichen und komplizierten Formen dar, das jenes der zeitgenössischen Handels-Utopie sein könnte. Desorientiert und fasziniert irrt der Besucher durch dieses mobile Mosaik.
Die photographischen Gemälde von Jeff Wall, wie das unglaubliche Changing Room (2014) stehen riesigen Gemälden von Neo Rauch (Interview, 2006) gegenüber, in denen Bruchstücke der europäischen Geschichte schwimmen, Überreste verfallender Ideologien: Nationalsozialismus, Marxismus-Leninismus, Finanz-Kapitalismus… Das Spiegelbild einer Welt im freien Fall, die ihre Orientierung verloren hat, in der, hinter der friedlichen Fassade des Überflusses, ein krankhaftes und gefährliches Gewimmel herrscht, ein weicher und hinterhältiger Totalitarismus. Vom experimentellen Film – der ikonische Lauf der Dinge (1985-87) von Peter Fischli und David Weiss – zum 3D-Wandteppich (From Gondwana to Endangered, Who is the Devil Now? in dem Goshka Macuga im Jahr 2020 das Klima thematisiert), lädt der Rundgang zum permanenten Erstaunen ein. Man denke an Super Duke (2023): Ein in zwei Teile geschnittenes Motorrad, dessen Eingeweide Alexandra Bircken freilegt wie bei einem anatomischen Schnitt. Man bleibt ebenfalls fasziniert vor Twisted Dump Truck (2013) von Wim Delvoye stehen, einem Kipplaster aus Edelstahl, der an eine gotische Kathedrale erinnert (mit Bögen, Turmspitzen und anderen Spitztürmen) deren Linien verdreht wurden. In dieser faszinierenden Hybridisierung spielt sich ebenfalls etwas von der Mission der Kunst ab, die für Adorno darin lag, „Chaos in die Ordnung zu bringen.“
Im Museum Frieder Burda (Baden-Baden) bis zum 26. Mai