nach ihnen die kultur

Photo de Sophie Dupressoir pour Poly

Er hat zahlreiche Stellungnahmen zugunsten der kleinen Handwerker und des Kultursektors veröffentlicht. Nicolas Mathieu, Preisträger des Goncourt 2018 für Wie später ihre Kinder aus Nancy, veröffentlicht mit La Grande école sein erstes Kinderbuch. Begegnung mit einem empörten Autor.

Sie haben sich in den Medien und den sozialen Netzwerken eingeschaltet um die Gefahr des Lockdowns für die Kultur anzuprangern. Was macht Ihnen Sorgen?
Neben der fundamentalen Frage, die seine Verbannung an die Stelle eines „nicht-essentiellen“ Guts aufwirft, ist das Besorgnis erregende der wirtschaftliche Einfluss auf den Kulturmarkt. Was wird danach bleiben? Wie viele unabhängige Buchhandlungen, Theater, Konzert- und Kinosaalbetreiber werden auf der Strecke bleiben? Auf lange Sicht, ist vieles zu befürchten, denn dieses kulturelle Netz, das in unserem Land so dicht und leistungsstark ist, wird zerfressen werden.

Was sind ihrer Meinung nach die Konsequenzen für die Kulturschaffenden?
Die kleinen privaten Unternehmer der Kultur sind unentbehrliche Antriebe für den Vertrieb und die Beratung. Ich mache mir keine Sorgen um die Großen. Die großen Institutionen werden vom Staat unterstützt ; die Werke des Maintstreams werden immer ihr Publikum finden. Die „Werke des Milieus“ wie man sie nennt, die, die Zeit benötigen, von den Buchhändlern bewusst in den Vordergrund gestellt werden müssen oder von den kleinen Sälen, die sie ins Programm aufnehmen, den unabhängigen Programmkinos leben… Was wird aus denen?

Welchen Appell möchten Sie an die Regierung richten?

Sie muss ihre Aufmerksamkeit auf die Verletzlichen richten, nicht so sehr auf die großen Strukturen. Denn die Handwerker der Kultur stellen einen nicht zu vernachlässigenden Teil des Sektors dar: Es sind die Autoren, die schon gerade so über die Runden kommen, indem sie in Schulen und Stadtbibliotheken auftreten, auf Produktionsdauer Beschäftigte, die Rund um die Uhr im Einsatz sind, die kleinen Buchhandlungen, etc. Dieses dichte Netzwerk, das schon am seidenen Faden hängt, aber eben die Kultur überall zugänglich macht (und nicht nur in den urbanen Zentren), muss unbedingt vor dem Untergang bewahrt werden!

Was hat diese Krise über den Platz der Kultur in unserem Land aufgezeigt?

Dieses Jahr hat unsere Gesellschaft bloßgestellt. Es hat die Art und Weise enthüllt, wie unser System denkt und sich selbst denkt. Nun, es sieht nicht gut aus… Die Kultur wird als überflüssig angesehen, Freiheiten werden schnell geopfert und die Leute – ich auch – sind schlussendlich eher diszipliniert. Aber was wird in den kommenden Krisen passieren? Welche Opfer werden uns mitten in der Klimakrise abverlangt werden? Im ersten Lockdown hatte ich die Hoffnung, dass dieser abrupte Bruch mit dem Zeit-Kontinuum tiefe und heilsame Veränderungen verheiße. Nach dem Ende des Zweiten überwiegt die Enttäuschung. Um Houellebecq zu paraphrasieren, „alles wird weitergehen, in ein bisschen schlimmerer Weise“, befürchte ich.


Wie später ihre Kinder ist im Carl Hanser Verlag erschienen (24€)
hanser-literaturverlage.de

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