Interview mit Emmanuel Kasarhérou zu Territorien des Wasser
Die Territorien des Wasser stellt einen Dialog zwischen zeitgenössischer Kunst und außereuropäischen Werken aus dem Musée du Quai Branly-Jacques Chirac her. Begegnung mit Emmanuel Kasarhérou dem Direktor der Pariser Institution.
Was hat Sie am Vorschlag der Fondation François Schneider verführt, eine gemeinsame Ausstellung zu organisieren?
Gleichzeitig das Thema und die Herausforderung. Die Werke des außereuropäischen Kulturerbes mit Kunstschaffenden von heute ist eine fruchtbare Vorgehensweise, selbst wenn man sich des Ergebnisses nie sicher sein kann… Die große Qualität von Marie Terrieux, Direktorin des Bestandes für zeitgenössische Kunst der Fondation François Schneider besteht darin, dies mit einer großen Sensibilität umgesetzt zu haben. Es gibt etwas feines, aber wahrnehmbares, das mit der gemeinsamen Präsenz dieser Werke erscheint. Die Dialoge sind nicht erzwungen, sonder scheinen spontan zu sein.
Das Wasser ist eine Thematik, die sich hierzu besonders anbietet…
Die Frage wirft in der Tat auf etwas Grundlegendes in allen menschlichen Gesellschaften zurück, vom Neolithikum bis heute. Wie kommt man zu dieser Ressource, wie konserviert man sie, wie ruft man sie in Trockenzeiten herbei, wie drängt man sie zurück, wenn sie bedrohlich ist? Es ist sehr interessant zu sehen, inwiefern diese Sorgen an zeitgenössische Dringlichkeiten anknüpfen.
Ist dieser Dialog auch eine Art und Weise, einen neuen Blick auf die Werke ihres Museums zu ermöglichen?
Das Kulturerbe als in der Vergangenheit erstarrt und die Kreation nur mit Bezug auf die Gegenwart zu sehen, ist ein Fehler. Unsere Mission besteht darin, ihren Zusammenhang zu zeigen: Was heute eine Kreation ist, wird morgen Kulturerbe sein, was heute Kulturerbe ist, war früher Kreation.
Man täuscht sich mehrfach, wenn man versucht zu erraten, welches Werk aus der Vergangenheit stammt und welches zeitgenössisch ist!
Das erlaubt es die Kategorien neu zu entdecken, anhand derer man die Objekte betrachtet. Wir haben zu oft fertige Schubladen, in denen wir die Dinge einordnen, bevor wir sie überhaupt gesehen haben. Die Territorien des Wassers lässt die Anhaltspunkte verschwimmen und erlaubt es die Werke für das zu sehen, was sie sind.
Der Besucher entdeckt, unter anderem einer Trauer-Maske der Kanaken aus dem 19. Jahrhundert. Was ist der Stellenwert des Wassers in dieser Kultur, die auch die ihrige ist?
Sie ist wesentlich: Das Salzwasser, das die Insel umgibt und ernährt, das Süßwasser, das den Durst stillt. In diesem Universum ist die Unterwasserwelt, die sich jenseits des Wellenspiegels erstreckt, jene der Toten. Diese Maske ist ein rituelles Objekt, das vom einen zum anderen reist. Sie stellt die Beziehung zwischen den Lebenden und den Toten her. Mit ihrer vorspringenden Nase, ihrer hervortretenden Frisur und ihrem Federschmuck hat sie eine starke Präsenz, zwischen Schrecken und Faszination. Es ist ein kraftvolles Objekt, auf das nach meinem Gefühl Les Ruisselantes von Nour Awada antwortete, eine hypnotisierende Video-Performance, in der die junge Frau, nackt in einem Feld, ihren Körper dem Regen darbietet. Vom Initiationsritus zum Totenritus… und wieder zurück.
In der Fondation François Schneider (Wattwiller), bis 14. November
fondationfrancoisschneider.org