Jimmy Robert in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden
Die monographische Ausstellung All dressed up and nowhere to go, die Jimmy Robert gewidmet ist, ist ein stimulierender Spaziergang mit der Architektur und dem Körper als rotem Faden.
„Ein Eintauchen in zwanzig Jahre Arbeit“: So beschreibt Jimmy Robert die Essenz einer Ausstellung, die ebenso die Beziehung zum Körper hinterfragt, wie jene, die der französische Künstler (geboren 1975 in Guadeloupe) mit der Architektur im Allgemeinen unterhält, sowie jenem zum Museums-Raum im Besonderen. Wenn der Besucher die Marmortreppe emporsteigt – eine Art mentaler Tunnel, der ein wenig düster ist – steht er vor einer eklatanten Illustration im großen Saal der Institution in Baden-Baden, mit einer riesigen Installation, die zu dieser Gelegenheit realisiert wurde. Unter dem ironischen Titel All dressed up and nowhere to go (2022), wurde sie mit dem Studio Diogo Passarinho komponiert: Dank einer subtilen Konstruktion, die aus „Spiegel-Wänden“ gestaltet wurde, entfaltet sich eine Bühne für eine mögliche Performance, Kulissen, sogar eine Loge. Die Photographien des Künstlers, die in verschiedenen leeren Sälen der Kunsthallen inszeniert werden, vervollständigen das Dispositiv. Das Ensemble stellt die Performance als solche in Frage (Unter welchen Umständen findet sie ihren Weg ins Museum? Wie überlebt sie nach ihrer Umsetzung?), ebenso wie den Platz des menschlichen Körpers in einer nüchternen Umgebung. Mit einem Lächeln fasst Jimmy Robert zusammen: „Es ist der Raum, der die Performance durchführt.“
Wenn man diesen riesigen Raum verlässt, der von der Intervention des bildenden Künstlers eher heimgesucht als ausgefüllt wird, trifft man auf Brown Leatherette (2002), einen 16mm-Film, der hypnotisierend, teuflisch malerisch ist, in den man ihn extrem langsam, mit Leder bekleidet, über ein Sofa aus demselben Material kriechen sieht, wobei er fast in ihm verschwindet. Als skulpturales Objekt beherrscht der Körper den neutralen und eisigen Raum der Royal Festival Hall. Indem er die Kunstgeschichte, wie er es gerne tut, mit dieser zeitgenössischen Odaliske erkundet, spielt Jimmy Robert mit Innen und Außen – mit riesigen Glasfronten, die mit graphischen Neonröhren gestreift sind – aber auch mit dem betrachtenden und betrachteten Subjekt. Die Fortsetzung ist genauso begeisternd und multifokal: Floorwork (2020), eine Überlegung zu den möglichen Formen der Performance (und der Durchlässigkeit zwischen ihren verschiedenen „Zuständen“: Objekt, Texte, Tanz, Film…) geht so Creole Earring II (2021) voran, einer Variation zur karibischen Identität ihres Autors oder Vanishing Point (2013). Die emanzipatorische Trance einer brasilianischen Dragqueen tritt hier in einen Dialog mit den minimalistischen Linien eines von Oscar Niemeyer entworfenen Gebäudes und den Worten der Dichterin Ana Cristina Cesar, in einem Ensemble von großer Kraft, bei dem eine gewisse Brutalität als Vektor des Widerstands dient. Unmöglich nicht über Imitations of Lives (2017) zu sprechen – eine Anspielung auf den Film von Douglas Sirk –, das Video einer Performance im Glass House von Philip Johnson, die mit Finesse die soziale Zuweisung hinterfragt, welche auf an die Hautfarbe gekoppelten Stereotypen beruht.
In der Staatlichen Kunsthalle (Baden-Baden) bis zum 15. Januar 2023
kunsthalle-baden-baden.de