Jan St. Werner und Space Synthesis

Jan St. Werner : Space Synthesis © Nick Ash

Der Künstler und Komponist Jan St. Werner, der Hauskünstler der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden ist, lässt den Raum mit Space Synthesis erklingen.

Als Pioniere der experimentellen Elektromusik entfaltet das Duo Mouse on Mars seine rhythmischen Recherchen seit 1993, welche zum Beispiel eine Welt kreiert haben, die von den Maschinen dominiert wird, in AAI (2021), Akronym für Anarchic Artificial Intelligence. Ohne seinen Komparsen Andi Toma konzipiert Jan St. Werner hier seine erste persönliche Ausstellung, die seine enge Verbindung zur Staatlichen Kunsthalle manifestiert. Das Publikum konnte so seine Installation Encourage The Stream – eine Verstärkung des Wasserplätscherns der Oos in der Lichtentaler Allee hören, um die Distanz und Nähe zwischen Natur und Kultur in der Ausstellung State and Nature vor zwei Jahren zu hinterfragen. Für Space Synthesis nimmt er die deutsche Institution nun in ihrer Gesamtheit ein. Der Besucher durchschreitet einen Vorhang, steigt die Treppe empor. Der Klang hüllt ihn nach und nach ein, wie ein Pulsschlag und variiert, je nach dem Platz, an dem er steht. Hypnotisierend und zwanghaft. Der große Saal ist in ein zartes Dämmerlicht getaucht, an das sich die Augen nach und nach gewöhnen. Einige Design-Hocker und Lautsprecher von eleganter Nüchternheit von Michael Akstaller, davon manche mit 130 Lautsprechern. Und nichts weiter. Der Soundtrack der Besichtigung dauert eine Stunde, mit meditativen Teilen, irritierendem Gehämmer und umhüllenden Klangwolken. Der Besucher taucht völlig in die Installation ein. Sein Trommelfell ist hin und hergerissen zwischen dröhnendem Noise und einer Sanftheit, die mit der Stille flirtet, man hat das Gefühl, dass die Kunsthalle zu einem riesigen Instrument geworden ist.

Jan St. Werner : Space Synthesis © Nick Ash
Jan St. Werner : Space Synthesis © Nick Ash

Jan St. Werner, der „den Klang wie etwas betrachtet, das in konstanter Bewegung ist, das nicht von einer fixen Perspektive aus begriffen werden kann“, nimmt den Museumsraum – der 1909 errichtet wurde und ursprünglich dafür gedacht war Gemälde und Skulpturen zu vereinen – zum Thema und den Klang als die Methode seiner Erkundung. Indem er den Bezug zur Architektur eines Iannis Xenakis oder die von Gaston Bachelard in Die Poetik des Raumes entwickelten Konzepte ins Gedächtnis ruft, installiert der Künstler einen Dialog zwischen dem Ort (von verschiedenen architektonischen Eingriffen mit akustischer Wirkung modifiziert) und seiner Komposition mit zahlreichen Echos und Licht (mit dem er anhand verschiedener Dispositive spielt, die Formen und Schatten erzeugen). „Der von der Einbildungskraft erfasste Raum kann nicht der indifferente Raum bleiben, der den Messungen und Überlegungen des Geometers unterworfen ist. Er wird erlebt. Und er wird nicht nur in seinem realen Dasein erlebt, sondern mit allen Parteinahmen und Einbildungskraft.“: Dieser Satz des französischen Philosophen ist in dieser immersiven Erfahrung grundlegend, denn natürlich werden die Besucher und ihr Geflüster, das Klackern der Absätze und andere Störgeräusche zu einem konstitutiven und verändernden Element. Schlussendlich ist die Erfahrung dicht und überraschend, lädt jeden dazu ein seine Beziehung zum Raum neu zu denken.


In der Staatlichen Kunsthalle (Baden-Baden) bis zum 2. Juli

kunsthalle-baden-baden.de

> Thresholds, Performance von Louis Chude- Sokei und Percuspection, von Dodo NKishi & Tunde Alibaba (auch am 18.06.) dann DJ Set von Louis Chude-Sokei (17.06.)

> More-than-human performativity, vibrational spaces membranes, Performance von Nicole L’Huillier und Party mit Nicole & Juan and Jan St. Werner (01.07.)

Das könnte dir auch gefallen