From Scratch, in der Schwärze von Thomas Ott in Basel
In Basel entfaltet das Werk von Thomas Ott sich in From Scratch: einem Eintauchen in die düsteren und wortlosen Universen des Meisters der Schabkartonzeichnung.
Früh in Strapazin veröffentlicht, dem Kultmagazin des Underground-Comics in der Schweiz, entdeckt Thomas Ott (geboren 1966) – der im Jahr 1985 in der zweiten Ausgabe erscheint, mit ergreifenden Bildpanels, die einen gewissen kalten und tödlichen Geist der Achtziger einfangen – sehr früh eine Technik, die zu seinem Markenzeichen wird. Indem er mit dem Cutter-Messer in einer schwarzen Oberfläche kratzt um das Bild zu an den Tag zu bringen, zeichnet er in gewisser Weise in Weiß auf einem dunklen Hintergrund. Eine minutiöse Vorgehensweise – deren Ergebnis an die Gravur erinnert, da sie kaum Platz für Änderungen lässt – die er in den Dienst von Kompositionen und Geschichten stellt, über denen der Schatten des Todes schwebt. Von seinem ersten Werk Tales of Error (Edition moderne, 1989) an, werden die Grundlagen gelegt: Davon zeugt ein beeindruckendes Skinhead-Portrait, das Sie lange verfolgen wird, da es wirklich so bedrohlich ist… Wenn man natürlich an die Veröffentlichungen von EC Comics denkt – Shock SuspenStories oder Tales from the Crypt, Bezüge, zu denen er steht –, ist die Welt des Schweizer Künstlers, der oft mit Horror und Humor, Tragödie und Komödie spielt, nicht dem Entertainment zuzurechnen, sondern stellt dessen sichere Antithese dar. So ist sein Reiseskizzenbuch Route 66 (Louis Vuitton Travel Book, 2018) ein Roadmovie im Herzen eines provinziellen Amerikas, das sich jenem der Brüder Coen annähert, in dem die trübseligen diners gespenstischen Motels und wackligen Bruchbuden gegenüberstehen, in der metaphysischen Kartographie eines Traums, der in den letzten Zügen liegt.
Vom Körper beeinflusst, gibt der Künstler – der alte Medizinbücher, Gravuren von Freaks, etc. sammelt, die er in seinem „ottologischen Zimmer“ vereint – die versteckte Schönheit der Hässlichen wieder. Sein Japanmesser wird zum Skalpell, in Portraits, die ebenso etwas von Schnitten haben, wie sie an einige surrealistische Kompositionen erinnern. In wortlosen Geschichten, denen die Eleganz und der Tiefgang eines Frans Masereel innewohnt, entführt eine kinematographische Erzählweise – es ist kein Zufall, dass er auch Animationsfilme wie Lucky Man realisiert – den Leser oft in die Mäander von Hellville, einer höllischen Stadt, die etwas vom kafkaesken Albtraum hat… wie sein gesamtes Universum. Man denke an die geniale Graphic Novel 73304-23-4153-6-96-8 (L’Association, 2008) oder an eine Installation wie La Grande Famiglia, die einen armseligen Mafia-Clan beschreibt. In einem seiner jüngsten Projekte verlässt Thomas Ott nichtsdestotrotz die Ufer des Sarkasmus für jene der reinen Poesie: Mit Der Wald (Carlsen Verlag, 2021) präsentiert er ein Märchen über die Trauer, voller Rätsel und Behutsamkeit.
Im Cartoonmuseum Basel – Zentrum für narrative Kunst (Basel) bis zum 22. Juni
> Kuratorinnenführung mit dem Künstler am 22.06. (14 Uhr)
> Sonntagsführungen 06.04., 11.05., 25.05. & 15.06. (14 Uhr)