Frank Kunert photographiert sein Wunderland
In Offenburg entführt uns der Photograph Frank Kunert in sein Wunderland, absurde und traumhafte Miniaturwelten.
Ein Gebäude, das an einen Plattenbau aus der DDR erinnert. Die Geländer sind adrett, geschmückt mit gut gepflegten Geranien. Hier trocknet ein Handtuch. Woanders erstrahlt ein gelb-weißer Sonnenschirm. Auf den ersten Blick hat dieses Gebäude etwas Munteres und Ruhiges, das sich vor einem himmelblauen Hintergrund abhebt. Aber sehr schnell erzeugt die Photographie ein Unwohlsein. Bei näherer Betrachtung ist das Gebäude in der Tat nur eine Betonplatte, voller Balkonien, neben dem das berühmte Flatiron Building als übergewichtig gelten würde! Es gibt keine Möglichkeit einer Wohnung in dieser düsteren Architekturutopie, die gut die Kunst von Frank Kunert zusammenfasst. Er beginnt mit dem Bau von Modellen (aus Holz, Schaumstoff, Farbe etc.) voller Details, Miniatur-Theater-Bühnenbildern, denen er mithilfe von Patina und Beleuchtung ihren (sur)realistischen Aspekt verleiht. Wenn das Diorama gebaut ist, photographiert er es mit der Fachkamera. In Form von Variationen zur Absurdität des Alltags ist das Resultat verblüffend und hat sehr oft gleichzeitig poetische wie politische Anklänge. Hier wird natürlich der Wohnungsmangel in unseren Gesellschaften angeprangert…
Bei den menschenleeren Kompositionen des deutschen Künstlers – von denen hier rund sechzig, sowie einige Modelle gezeigt werden – denkt der Besucher oft an den Geist, der die Zeichnungen von Sempé, die Gemälde von Magritte oder die Filme von Tati prägt. Jede ist eine philosophische Erzählung an sich, die in ein Bild umgesetzt wurde: Ein Treppenlift dessen Schiene durch das Fenster geht und in einem grauen Himmel endet, der an Alter und Tod erinnert (Hoch hinaus), ein prächtig gedeckter Tisch in einem schönen Gebäude, dessen letzter Gast im Freien sitzt, von den anderen durch eine elegante Fensterfront getrennt, eine Variation zur Ausgrenzung (Geschlossene Gesellschaft). Woanders sind die Dinge mysteriöser, lassen die Vorstellungskraft des Betrachters herumtollen wie in Meisterwerk mit Mansardenrahmen, einer Vision eines Ausschnitts der Geburt der Venus von Botticelli, von dem nur ein trapezförmiges, wunderbar eingerahmtes Fragment in einem Museum bleibt. Eine Überlegung zur zeitgenössischen Kunst? Zum Ausstellen ikonischer Gemälde, die man nie wirklich anschaut? Zur Essenz des Schönen? Das muss jeder für sich entscheiden… In ihren logischen Absurditäten illustrieren die Photographien von Frank Kunert oft die Schwachstellen unserer Gesellschaften oder die Abgründe unserer Existenzen. Sie sind wie Projektionsflächen, die zwischen Humor und Nonsens hin und her schwanken, Ergebnisse einer akribischen handwerklichen Arbeit. Die Zeichnungen von Glen Baxter sind nicht weit entfernt.
In der Städtischen Galerie (Offenburg) bis zum 7. April
galerie-offenburg.de – frank-kunert.de