François Sarhan wird beim 42. Festival Musica geehrt

François Sarhan © Beonît Linder pour Poly

Der Komponist, aber auch Regisseur und bildende Künstler François Sarhan ist Ehrengast der 42. Ausgabe von Musica.

Ganz im Zeichen des Politischen beginnt die diesjährige Ausgabe von Musica mit De Staat (20.09., Maillon), einem minimalistischen Monument der repetitiven Siebziger-Musik von Louis Andriessen, das sich auf ironische Weise mit der Politeia von Platon herumschlägt. In Resonanz mit diesem legendären Stück wurden Werke – Klang-Aktionen, Installationen, etc. – bei rund zehn Künstlern in Auftrag gegeben, darunter François Sarhan. Der fünfzigjährige Komponist hat die letzten drei Seiten der Partitur in vertikale Streifen zerschnitten und diese wieder zusammengeklebt, indem er das Material mit einem von den Interpreten ausgewählten Text mischte, wobei er sie dazu aufforderte, das auszudrücken, was lesbar bleibt. Das kaleidoskopartige Portrait, das ihm gewidmet ist, wird von einer Ausstellung ergänzt, Épicerie solitaire (13.09.-03.10., im Hauptquartier des Festivals). Eine Einladung in die Vorstellungswelt des Professors Glaçon einzutauchen, die 2008 begonnen wurde – „Ein dadaistischer Name, ein bisschen zufällig ausgewählt, er hätte Professor Projektor oder Hocker heißen können“. Ausgehend von Materialien die zutiefst banal sind (alte Photos, Werbungen…), „bescheidenen aber notwendigen Daten“, wird ein erfundener Wissensblock kreiert, der nicht sofort anwendbar ist und uns über das Wissen nachdenken lässt – wie erinnert man sich an die Dinge, wie werden sie gefiltert, angegangen, interpretiert, verbunden –, was das Ganze in einen fruchtbaren „Appell an die Vorstellungskraft“ verwandelt.

Ein Collage-Prozess, der grundlegend ähnlich ist, sich aber im Klangbereich abspielt, wird für Log Book (29.09., Manufacture des Tabacs) benutzt, ein vierstündiges Konzert in Form eines „künstlerischen und autobiographischen Bordbuchs, das im September 2019 begonnen wurde“. Auszüge aus Radiosendungen, gestohlene Gesprächs-Fragmente, Jingles, persönliche Kompositionen, field recordings, und tutti quanti sind ebenso winzige Materialien von Mikro-Ereignissen, die unsere Welt in einem bizarren „Theater des Nichts“ in Frage stellen, in Begleitung des Zafraan Ensembles. Das Portrait wird vervollständigt von Bobok, interpretiert vom Quatuor Diotima (29.09., Cité de la musique et de la danse) und von Covaru (25.09., Cité de la Musique et de la danse), einer von Jacques Roubaud inspirierten Partitur, die vom Ensemble Resonanz kreiert wurde. „Ich habe ihn mir als zwischen drei Polen zirkulierend vorgestellt – Komposition Variation Grübelei – die sich gegenseitig nähren“ fasst François Sarhan zusammen. Und schließlich ist Les Murs meurent aussi (21. & 22.09., TAPS, Scala) ein musikalisches Theaterstück, das sich der realen Situationen der Barrieren zwischen West-und Ostberlin, USA und Mexiko oder auch Israel und Palästina annimmt, um ihre Konsequenzen auf die individuellen Schicksale zu untersuchen.

François Sarhan

An verschiedenen Orten in Straßburg vom 20. September bis 3. Oktober, dann in Metz vom 4. bis 6. Oktober

festivalmusica.fr

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