Farben, Reich und Schön im Musée Unterlinden
Der Colmarer Teil einer dreiköpfigen Ausstellung rund um altdeutsche Malerei vom Ende des Mittelalters bis zum Beginn der Renaissance, Farben, Reich und Schön ist eine Augenweide.
Alles beginnt mit dem 2019 begonnenen Inventar der altdeutschen Malerei, die zwischen 1370 und 1550 realisiert wurde, in den französischen Sammlungen, das Isabelle Dubois-Brinkmann initiierte, die gerade erst die Leitung der Musées de Mulhouse übernommen hat. Aus dieser pharaonischen Arbeit sind drei komplementäre Ausstellungen entstanden, die rund 200 Werke versammeln: In Dijon wird das gotische 15. Jahrhundert erkundet, während Besançon sich auf das 16. Jahrhundert konzentriert, in dem die Renaissance aufkommt. Colmar behandelt die gesamte Periode und fokussiert sich seinerseits auf den Oberrhein, stellt eine Beziehung zu seiner reichen Sammlung her, deren zentrales Werk der berühmte Isenheimer Altar von Matthias Grünewald ist. Hier entfaltet sich ein Teil dieser Ausstellung mit dem Seifenopern-Titel Farben, Reich und Schön. Eine „Anspielung auf die zahlreichen Intrigen und Figuren“, für Camille Broucke, Leiterin des Musée Unterlinden und Ko-Kuratorin der Ausstellung. Der didaktische Rundgang bietet die Gelegenheit Materialien und Techniken der Zeit besser kennenzulernen, die Funktion der religiösen Gemälde zu verstehen (ob es sich einen Rahmen der privaten Frömmigkeit oder um Kirchen und Klöster handelt) oder auch zu erfahren wer die Auftraggeber für Werke wie Die Auferstehung Christ (1465) von Caspar Isenmann waren.
Er erlaubt es vor allem die stilistische Entwicklung anhand von Meisterwerken zu bewundern, die von großer Ausdrucksstärke, mit strahlenden Farben sind, sorgfältig restauriert. Die Körper der Märtyrer bluten reichlich und leiden in stolzen Dolorismus-Kompositionen, um beim Betrachter eine religiöse Emotion hervorzurufen. Die schlechten Personen mit bösen Absichten sind von einer abstoßenden Hässlichkeit – missgebildete Zinken, verklebte Augen und andere affenähnliche oder verschlagene Gesichtszüge –, während die Heiligen und Frommen von engelgleicher Schönheit sind. So zeigt ein Ölgemälde auf Lindenholz, das anlässlich dieser Ausstellung Martin Schongauer zugeschrieben wurde – was aus ihm die achte identifizierte Malerei aus seiner Hand macht – eine Heilige Maria Magdalena (um 1470) voller Sanftheit, von unendlicher Feinheit. Eine weitere große Entdeckung ist eine Kreuzigung (um 1492-93): Sie soll ein Jugendwerk von Dürer sein, mit einem Faltenwurf von intensiver Eleganz. Das Gesicht des Christus erinnert an jenes der Bildikone, die der Schmerzensmann darstellt, der in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe konserviert wird. Der Rundgang endet mit Hans Baldung Grien und Kompositionen, die vom italienischen Manierismus getränkt sind, wie zwei Tafeln eines Altarbildes, das den Heiligen Georg und den Heiligen Thomas (1528-30) darstellt, deren Schwung und Stärke verinnerlicht zu sein scheinen.
Im Musée Unterlinden (Colmar) bis 23. September
> Parallel entfalten sich Made in Germany im Musée des Beaux-Arts et d’Archéologie de Besançon und Meister und Meisterwerke im Musée des Beaux-Arts de Dijon