Enfantillages : Illustrierte Kinder-und Jugendbuchliteratur aus dem Elsass
Die zweiteilige Ausstellung Kindereien erkundet den Platz des Elsass in der Kreation von Kinder-und Jugendbuchillustrationen, gestern und heute.
Heute „ gehört Kinder-und Jugendliteratur zum wissenschaftlichen Forschungsfeld“, fasst Florian Siffer, einer der Kuratoren einer Ausstellung in zwei Kapitalen zusammen. In der Galerie Heitz präsentiert, analysiert die Erste die zentrale Rolle des Elsass in der Kinder-und Jugendliteratur vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in die 1970er Jahre, ob sie erzieherisch, patriotisch oder verspielt ist, etc. Dieses begeisternde Eintauchen zeigt insbesondere das Auftreten des Bildes als Vektor der pädagogischen Vermittlung, dank technischen Fortschritten im Druckbereich. Das Abenteuer beginnt mit einem noch experimentellen gemalten Alphabet, das Buchstaben und Darstellungen verbindet (Fisch, Uhr, Waage, etc.), welches vom Straßburger Buchdrucker François- Georges Levrault um 1800 entworfen wurde. Später ist das Album de jeunes demoiselles (um 1850), ein lithographisches Ensemble aus dem Hause Wentzel in Wissembourg, das der Erbauung junger Mädchen aus gutem Hause gewidmet ist, während Hetzel Zoé la vaniteuse (1868) veröffentlicht, das die Arroganz einer eingebildeten Pute verspottet. Einfach nur unterhaltend üben andere Stücke – wie die genialen Anamorphosen des Straßburger Illustrators Telory – eine dauerhafte Faszination aus. Von den von Leo Schnug für die Stollwerck-Schokolade realisierten Sammelbildern bis zu den Sechzigerjahre-Kompositionen von Philippe Fix (der es verdient wiederentdeckt zu werden) über Les petits Génies du printemps, unveröffentlichtes Manuskript von Charles-Émile Matthis, oder Zeichnungen von Paul Braunagel und Louis- Philippe Kamm handelt es sich auch um einen charmanten Rundgang durch die Kunstgeschichte.
Im Musée Tomi Ungerer beginnt das zweite Kapitel Keine Bücher für Kinder, mit den Werken des Autors der Drei Räuber und folgt dem Kredo eines Satzes des Verlegers François Ruy-Vidal: „Es gibt keine Literatur für Kinder, es gibt Literatur.“ Oft subversiv, gar radikal, sind die Werke für die Kleinen (aber nicht nur…) vor allem Vektoren der intellektuellen Emanzipation. Vom riesigen Menschen fressenden Ungeheuer von Serge Bloch empfangen, das er vervollständigen kann, entdeckt der Besucher die Universen zahlreicher Absolventen der École supérieure des arts décoratifs de Strasbourg (Kunsthoch- schule von Straßburg). Man denke an Mathieu Sapin – der das ikonische Pas de baiser pour maman von Tomi Ungerer wiederaufgenommen hat –, Pauline Barzilaï und ihre betören- de unterirdische Reise in Form eines Bildungsromans, der sich mit Autorität beschäftigt oder Lisa Blumen, deren La Vérité sur les fantômes eine Einladung dazu ist unsere Vorurteile zu überwinden. Und schließlich haben wir eine Schwäche für die 3D-Universen von Matthias Picard: Die Bilder aus dem vor Kurzem erschienenen JeanJambe et le mystère des profondeurs (Éditions 2024), die extrem vergrößert sind, erzeugen dank der zur Verfügung stehenden Brillen einen ergreifenden Effekt.
In der Galerie Heitz im Palais Rohan (Straßburg) bis zum 17. Februar und im Musée Tomi Ungerer – Centre international de l’Illustration (Straßburg) bis zum 2. März
musees.strasbourg.eu