O(h) Wald, Spaziergang durch die Baumwipfel in Offenburg
Zwölf Beiträge verschiedenster Künstler befassen sich mit dem Wald in der Gegenwart: Ein Spaziergang durch den O(h) Wald in Offenburg.
Im Halbdunkel erscheint I don’t know how I resisted the urge to run (1998), eines der ergreifendsten Werke dieser aufregenden Präsentation. In einem Aquarium entfaltet sich ein überfluteter Wald: Gespenstische Baumschatten tauchen aus dem Nebel auf. Diese apokalyptische Landschaft von Mariele Neudecker – die an die Klimakrise und ihre unkontrollierbaren Wetterphänomene denken lässt – zeigt fast keine Spur des Menschen, außer einer wage Erinnerung in Form eines alten Weges, der sich zwischen den Stämmen hindurchschlängelt. Das Werk fasst die Essenz einer Ausstellung zusammen, die einen Wald thematisiert, der „gleichzeitig Faszination ausübt und ein bedrohtes Biotop ist. Man begeistert sich für ein natürliches Milieu… das man zerstört“, fasst die Kuratorin Patricia Potrykus zusammen. Es ist diese Ambivalenz, die in einem reichhaltigen Rundgang erkundet wird, der mit den Tuschearbeiten auf Papier von Malgosia Jankowska beginnt, auf denen komische Kinder im Unterholz spazieren gehen, in Anwesenheit des Wolfes! In imposanten monochromen Arbeiten, deren Details an eine Toile-de-Jouy erinnern, entführt uns die Künstlerin in ein Grimm’sches Märchen von Heute, voller ungelöster Rätsel.
Der Wald verführt mit seinen zahlreichen Reizen – den pilzigen Textilkreationen von Anne Carnein, Metaphern für den Zyklus des Lebens, oder den Aquarellen und andere Zeichnungen von Gretel Haas-Gerber, die eine souveräne Natur darstellen – ist aber auch ein bedrohter Ort… Das errät man bei den abstrakten Gemälden von Stefan Strumbel, düsteren Visionen des Schwarzwaldes, den es zu schützen gilt, wovon das Bläschenpapier zeugt, das zum Markenzeichen des Künstlers geworden ist, der sich in gewisse Weise in eine Traditionslinie mit der deutschen Romantik stellt. Radikaler ist die Arbeit des Künstler-Aktivisten-Paares Saxana Nicole Schötschel und Helge Hommes, echten Öko-Kriegern, die sich im Kampf um den Hambacher Wald engagiert haben. Die Baumhäuser in kleinen Modellen, spinnenartige Strukturen in Miniaturbäumen, die sie baut, illustrieren den illegalen Charakter des Kampfes der Aktivisten gegen das zerstörerische kapitalistische Ungeheuer. Die brutalistischen und sehr intensiven Gemälde ihres Kameraden zeigen Äste, die so intensiv schwarz sind, dass man sie für verbrannt hält. Aus dicken Pigmentschichten komponiert, heben sie sich vor einem strahlend weißen Hintergrund ab, zeigen welchen Gefahren die Bäume ausgesetzt sind und laden zu einer rettenden Revolte ein.
In der Städtische Galerie (Offenburg) bis 27. April 2025