Die Querwege von Catherine Meurisse
Eintauchen in die poetischen und burlesken Irrwege von Catherine Meurisse mit, L’Humour au sérieux, das einen Blick auf die Karriere der Preisträgerin des prestigeträchtigen Prix Töpffer 2021 wirft.
„Man sagt mir, dass wir im Jahr 2015 sind, dass der Monat Januar zu Ende geht […] Ich glaube den Ozean zum ersten Mal zu sehen.“ So beginnt Die Leichtigkeit, mit einer Zeichnung in der das Meer eines düsteren Aquarells sich hinter der gezeichneten Doppelgängerin von Catherine Meurisse erstreckt, die sich bemüht eine unendliche Düne zu erklimmen. Kurz nach den Attentaten gegen Charlie Hebdo veröffentlicht, denen die Zeichnerin nur knapp entkommt (sie war zu spät für die Redaktionssitzung der Zeitung) und bei denen sie zahlreiche ihrer Freunde verlor, ist der kathartische graphische Roman eine Erzählung ihres langsamen Neubeginns. Die junge Frau sucht ihr Heil in der Schönheit. Die Kunst und die Natur als einziges Heilmittel gegen den Schmerz der Gewalt und den menschlichen Wahnsinn. Bei Catherine Meurisse findet man etwas von Nietzsche. Aber auch Stendhal, Proust, Caravaggio und Delacroix… Ihr ganzes Werk ist von literarischen Bezügen durchzogen (Mes Hommes de lettres), aber auch künstlerischen (Le Pont des Arts, Olympia in Love) und Oden an die Landschaft (Das weite Land). Auch Humor – vielleicht sogar vor allem! Denn „Witze sind ein wunderbares Hilfsmittel um eine Erzählung aufzubauen. Sie erlauben es, das Ernste zu sagen, ohne sie zu beschweren.“ Davon zeugen ihre brennenden und äußerst
lustigen Scènes de la vie hormonale.
Die breit angelegte Retrospektive, die das Basler Museum ihrer Arbeit widmet, entfaltet in sieben Sälen den ästhetischen Werdegang der Künstlerin. Von ihren Anfängen im Jahr 2001 in der berühmten Satirezeitung in Paris, wo Cabu und Riss ihr die Kniffe des Berufs beibringen – „eine Pressezeichnung ist die Begegnung von zwei Nachrichten“ erinnert sie sich, während sie ihre Mentoren zitiert – bis hin zum Ende Oktober erschienenen, wunderbaren La Jeune femme et la mer. „Ich gehöre zur Familie von Wolinski und Bretécher, für die ein Strich nicht gerade sein muss, wenn er das ausdrückt, was er zu sagen hat“, erklärt sie. „Ich mache kein Storyboard für meine Werke, und es ist selten, dass ich eine Bildtafel ganz neu zeichne. Meine Zeichnung beruht auf Ausdruckskraft Sie muss spontan sein um ihre Energie beizubehalten.“ Auch wenn der Humor der Karikaturistin immer noch genauso stechend ist, wird die Zeichenfeder der Illustratorin immer feiner, erinnert jeden Tag mehr an die Geste des Malers. In Die Junge Frau und das Meer, lässt die Comiczeichnerin, die als erste im Jahr 2020 an die Académie des Beaux-Arts* gewählt wurde, ihre kleinen mit dem Bleistift gezeichneten Figuren durch Bildtafeln spazieren, die wie Gemälde aufgebaut sind, mit Gouache, Aquarell und Pastell. „Ich würde gerne die Natur malen“ sagt sie bei ihrer Ankunft in Japan. Im Kielwasser der Poesie von Natsume Sōseki, dessen Graskissen-Buch sie zu ihrer Geschichte inspiriert hat, liefert Catherine Meurisse eine behutsame und sensible Reise durch das sattgrüne Archipel. „Yama-Mizu“: Berg-Gewässer. Eine der zahlreichen Arten auf Japanisch „Landschaft“ zu sagen. Denn „das Leben zirkuliert zwischen den beiden.
* Französische Gelehrtengesellschaft in Paris zur Verteidigung der Künste
Im Cartoonmuseum Basel bis zum 13. März 2022
cartoonmuseum.ch
> Geführte Besichtigungen am 12.12.21,09.01.22, 13.02.22, 06. & 13.03.22 (14 Uhr)