Die Pionierinnen der geometrischen Abstraktion im Wilhelm-Hack-Museum

Mit Wir werden bis zur Sonne gehen, präsentiert das Wilhelm-Hack- Museum die Pionierinnen der geometrischen Abstraktion, von den russischen Konstruktivisten bis zur Op Art von Marina Apollonio. 

Für Ausstellungen zu einem Thema bekannt – wie Re-Inventing Piet, das die Nachkommenschaft von Mondrian erkundet (siehe Poly Nr. 263) – das in einen Dialog mit seine Sammlungen tritt, durchstreift das Wilhelm- Hack-Museum eine neue Facette der geometrischen Abstraktion. Indem die Institution anhand von mehr als 200 Werken den Stellenwert der Frauen in dieser Kunstbewegung aufzeigt, landet sie einen großen Coup: „Das was paradox ist, ist dass diese Künstlerinnen oft in ihrer Zeit den Männern gleichgestellt waren. Es ist die Art und Weise wie die Geschichte erzählt wurde, die sie unsichtbar gemacht hat“, stellt Dr. Astrid Ihle, eine der Kuratorinnen fest, die „dazu beitragen will eine unilaterale Erzählung zu korrigieren, deren große Figuren Mondrian, Malewitsch, etc. heißen“. Bis 1945 chrono- logisch – um dann eine thematische Gliederung anzunehmen – beginnt der Rundgang mit der Avantgarde des russischen Konstruktivismus: Man wird in den Bann gezogen von der Kraft der suprematistischen Kompositionen von Ljubow Popowa (deren ungezügelten Kubismus man ebenfalls liebt) und von den Kostümen, die Alexandra Exter für Aelita von Iakov Protasanow (1924) entwarf, von dem Auszüge gezeigt werden. Etwas später schinden die Mädchen vom Bauhaus mächtig Eindruck – insbesondere mit dem ikonischen Mokka-Service von Margarete Heymann-Loebenstein –, bevor Sonia Delaunay und Sophie Taeuber-Arp einen Dialog eingehen. Für Letztere, die zur Gruppe Cercle et Carré gehört, dann zum Verein Abstraction-Création, ist die Abstraktion eine gelebte Erfahrung (die sie im Alltag anwendet). Verlangen nach reinen Farben, rhythmische Anordnung der verschiedenen Formen in Werken, die mit der Dialektik Gleichgewicht / Ungleichgewicht spielen und sorgfältig aufgebaute Bildräume charakterisieren ihre Kunst. 

Die thematische Fortsetzung des Rundgangs erinnert an ein Erscheinungsfest der Formen, von Geometrie in Bewegung in der Op Art von Marina Apollonio mit faszinierenden Spiralen – sie wird aktuell mit einer großen Retrospektive der Peggy Guggenheim Collection in Venedig gefeiert (bis 03.03.) –, bis zu Marlow Moss. Das radikale Weiß, schwarz und grau (1934), erlaubt es daran zu erinnern, dass die Erfinderin der doppelten Linie im Jahr 1930 – die man als eine Manifestierung der Nicht-Binarität einer Bildhauerin sehen kann, die vorzeitig queer war – keine Imitatorin von Mondrian war, als die sie manchmal dargestellt wird… sondern seine Inspirationsquelle! Im Laufe der Säle trifft man auf Vera Molnár, Marcelle Cahn mit nur oberflächlicher Strenge, oder auch Regina Cassolo Bracchi, deren Plexiglas-Strukturen aus den 1950er Jahren noch immer futuristisch anmuten. Die begeisternde Ausstellung hat den Vorzug, die Kirche wieder ins Dorf zurückzubringen, und damit dazu beizutragen, den Frauen ihren Platz in der Kunstgeschichte zurückzugeben. 

Im Wilhelm-Hack-Museum (Ludwigshafen am Rhein) bis zum 21. April 
wilhelmhack.museum 

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