Die heilige Schrift von Chagall in Saarbrücken

La Danse de Myriam Der Tanz der Mirjam, Série Folge Exodus, Blatt 11, 1966 © VG Bild- Kunst, Bonn 2024

In Saarbrücken stellt Die heilige Schrift die Arbeit von Marc Chagall zum Alten Testament in den Fokus.

In den Sammlungen des Saarlandmuseums findet man rund 500 Papierarbeiten – Gravuren und Lithographien – von Marc Chagall (1887–1985). In diesem breiten Korpus ist rund ein Drittel biblischen Themen gewidmet. In einem Jahrhundert, in dem zahlreiche Künstler ad nauseam das Kredo Nietzsches vom Tod Gottes erkundet haben – vor allem nach Auschwitz – ist das jüdische Kind aus Wizebsk (heute Belarus) eine Ausnahme mit seinen Kompositionen voller Ökumene, so als ob er eine Botschaft der Hoffnung und des Friedens als Antwort an die Urheber der monströsen Pogrome seiner Heimat Russland senden würde. Im Laufe einer Reise ins Heilige Land im Jahr 1931 schreibt er: „Hier spürt man, dass das Judentum und das Christentum eine einzige und gleiche Familie bilden. Es war ein Ganzes und Dämonen sind hierhergekommen, die alles zerstört und entzweit haben.“ Ob es in der Doppelausgabe aus dem Jahr 1956 der Zeitschrift Verve (herausgegeben vom Kunstkritiker Tériade) oder einem Portfolio mit dem Titel The Story of Exodus (1966) ist, er be- fasst sich stetig mit diesen Themen, eine Beziehung, die im berühmten Zyklus der Biblischen Botschaft gipfelt, der in Nizza ausgestellt wird und insbesondere fünf unglaubliche Gemälde zum Hohenlied umfasst.


In dieser Ausstellung entfaltet sich die Vision eines Künstlers, der vom Ideal der Brüderlichkeit und der Liebe begeistert ist: So verbindet er in der Episode von David und Bathseba (1956), die ehebrechenden Liebhaber in einem einzigen Gesicht voller Sanftmut, überragt von einem wohlwollenden Engel. Im Widerspruch zu vielen anderen Darstellungen unterstreicht Chagall die Menschlichkeit (und Schwäche) der beiden Protagonisten, lässt die tragische Seite der Affäre beiseite. Ebenso verhält es sich bei Der Tanz der Mirjam (1966), in dem die Schwester von Moses, mit einem Tamburin in der Hand, alle Frauen mitreißt (aber auch einige sichtlich glückliche Tiere) in einen frenetischen Tanz, der die Durchquerung des Roten Meeres feiert. Denn die Botschaft des Künstlers ist jene der Freude, ob es in einer außergewöhnlich friedlichen Schöpfung (1958–59) ist, trotz der Farbtöne, bei denen stumpfe Blaunuancen hellem Grau gegenüberstehen – in dem Adam und Eva mit Fischen, Ziegen und Geflügel einen Kreis bilden, inmitten einer arkadischen Landschaft, aus der die teuflische Schlange verbannt wurde –, oder mit einer ergreifenden Vision von Moses empfängt die Gesetzestafeln (1956). Die Hand Gottes bricht aus einer schwarzen Wolke im Angesicht des Propheten heraus, der vom Ernst seiner Mission durchdrungen zu sein scheint. Man bleibt bewundernd vor Werken von tiefgreifendem Mystizismus stehen, in dem die Einflüsse – von Le Greco bis zu den orthodoxen Ikonen – vielfältig sind, durchdrungen von einem intensiven Glauben an… die Menschheit.


In der Modernen Galerie des Saarlandmuseums (Saarbrücken) bis zum 13. April 2025

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