Das Simplicissimus-Haus empfängt Isabel Kreitz und Mathieu Sapin

Isabel Kreitz, Le Stern se propage Der Stern geht um, 1971

In Renchen gehen Isabel Kreitz und Mathieu Sapin einen Dialog ein, für Deutsche und Französische Geschichte(n) in Bildern.

Mit mehr als 70 Werken setzt das Simplicissimus-Haus seinen grenzüberschreitenden Dialog im Comic fort: Nach dem Duo F’Murrr / Peter Gaymann oder Claire Bretécher / Franziska Becker, kommt ein weiteres Paar zu seinen Ehren. Die Gemeinsamkeit zwischen Isabel Kreitz und Mathieu Sapin? Ihre spitze Feder in die Geschichte ihres jeweiligen Landes zu tauchen. Die Preisträgerin des prestigeträchtigen Max-und-Moritz-Preises (2012) eignet sich gerne die Sprünge der deutschen Vergangenheit an: Die Sache mit Sorge. Stalins Spion in Tokio (Carlsen Verlag, 2008) erzählt die wenig bekannte Geschichte des Journalisten Richard Sorge, der die Sowjets von Tokio aus informierte und ihnen sogar das exakte Datum des Unternehmens Barbarossa lieferte. In Haarmann (Carlsen Verlag, 2010) zeichnet sie das Portrait eines Serienmörders, der in den 1920er Jahren sein Unwesen trieb. In einem realistischen Stil, der an Will Eisner erinnert – und kurioserweise auch an Jean Solé denken lässt – präsentiert sie auch Deutschland. Ein Bilderbuch (DuMont Verlag, 2011), dass das Substrat zu dieser Präsentation bildet: Von 1949 bis 2008 wird jedes Jahr von einem Panel zusammengefasst, das die Entwicklungen des Landes anhand des alltäglichen Lebens oder historischer Ereignisse zeigt. Oft lustig (2002: Der Übergang zum Euro) und immer spitz wie bei diesem historischen Titelbild des Magazins Stern, auf dem 374 berühmte Persönlichkeiten verkündeten: „Wir haben abgetrieben“ (1971).

Der Stil von Mathieu Sapin ist radikal anders: Mit einer Lebhaftigkeit, die man als Post-Ligne-Claire bezeichnen kann, liebt der Künstler, der die Arts Déco in Straßburg besucht hat, es sich in die Kulissen der Macht zu schleichen, nach Art des Reporters Tim. So entfalten sich große Panels aus Alben, in denen er sich selbst inszeniert, wie Le Château (Dargaud, 2015) das ein Jahr in den Kulissen des Élysée unter François Hollande beschreibt, das er herausbrachte, nachdem er die Campagne présidentielle (Dargaud, 2012) erzählt hatte: „Die Politik ist eine harte Droge [lacht]. Es ist eine ambivalente, widersprüchliche Welt, gleichzeitig spannend und pulsierend“, fasst er zusammen. Später liefert er Comédie Française – Reisen ins Vorzimmer der Macht (Reprodukt, 2021) in dem er Emmanuel Macron begleitet, eine Beziehung herstellt zwischen dem 21. Jahrhundert und jenem Sonnenkönigs Louis XIV, zwei Ären, die sich vermischen, was zeigt, dass die Menschen sich in 300 Jahren kaum verändert haben… Das Buch analysiert „die Inszenierung der Ausübung des Staates und die Erkundung des Vorzimmers der Macht. Vorzimmer, ich mag dieses Wort sehr, das man im Roland Barthes Buch Sur Racine wiederfindet, wo er erklärt, dass es sich um den Ort der Tragödie par excellence handelt.


Im Simplicissimus-Haus (Renchen) bis 28. Juli

simplicissimushaus.de

> Zweisprachige Führungen (23.06. & 14.07., 15 Uhr & 16:30 Uhr)

Das könnte dir auch gefallen