Das Ristorante Quadri lebt kulinarische Tradition in Venedig
Das Ristorante Quadri lebt kulinarische Tradition in VenedigAls gastronomischer Leitstern Venedigs ist das Ristorante Quadri seit 2012 mit einem Stern im Guide Michelin ausgezeichnet: Es verleiht der kulinarischen Tradition der Lagune einen neuen Schwung.
In Italien reimt sich der Name Alajmo auf Gastronomie seit der Kreation der Calandre in Pada im Jahr 1981. IhreKinder haben die Nachfolge angetreten, lassen das Restaurant der Familie gedeihen und wachsen, das unter der Leitung von Raffaele (Raf) – er ist der Präsident einer Gruppe, deren Seele in Venedig zu finden ist – und Massimiliano (Max) Junge bekommen hat. Dieser geniale Chefkoch hat im Jahr 2002, mit 28 Jahren als jüngster Küchenchef der Welt, drei Sterne im Guide Michelin erhalten. Unter ihren Häusern gibt es eines, das 2011 übernommen wurde, das wie ein Diamant im Zentrum der Serenissima auf dem Markusplatz erstrahlt: Das Gran Caffè Quadri, das 1638 mit dem Schild Il Remedio eröffnete – es verkaufte damals hauptsächlich Malvasia, Wein, der als Universalmedikament betrachtet wurde – und nahm seinen aktuellen Namen im Jahr 1775 an. Un- ter den Arkaden der Procuratie Vecchie liegend, misst es sich mit dem Florian, das genau gegenüberliegt, in jenen der Procuratie Nuove. Mitte des 19. Jahrhunderts öffnet ein Restaurant seine Pforten in der zweiten Etage.
Unverbaubare Sicht
Man muss sie vergessen. Die, die ein Selfie nach dem anderen machen. Die, die dummerweise die Tauben füttern. Die, die schwerfällig, wie Zombies, mit mit Plastiktüten bedeckten Beinen durch das acqua alta waten. Die, die für einen Zwischenstopp an Land gehen, die Stadt als hinkende Horden entdecken. Und die anderen… Vom Tisch des Ristorante Quadri aus sind sie nur die Protagonisten eines stillen und bezaubernden Theaterstückes, ähnlich den kleinen Figuren, die von Canaletto gemalt wurden. Man sieht sie in einem chaotischen Ballett vor dem Bühnenbild der Basilika und des Dogenpalastes vorbeiziehen und der Markusplatz, der nicht leer ist, wird für ein Essen lang „der eleganteste Salon Europas“, wie ihn Napoléon nannte. Im Inneren „respektiert die Dekoration die Vergangenheit des Ortes, schaut aber in die Zukunft. Zwischen diesen beiden Polen haben wir das richtige Gleichgewicht gesucht“, fasst Giovanni Alajmo – der Sohn von Raf – zusammen, der sich als sehr aufmerksamer Gastgeber mit Stafano Munari um den Ort kümmert. Von Philippe Starck im Jahr 2018 neugedacht, erinnert der Saal an ein äußerst schickes Boudoir, gleichzeitig mysteriös und poetisch, in dem sich einige Schimären bekämpfen, bizarre naturalisierte Kreaturen mit Fell und Federn. Überall entfaltet sich die Virtuosität der lokalen Kunsthandwerker, Wandteppiche von Tessitura Bevilacqua – mit einem Modell aus dem Jahr 1550, das mit Humor verfremdet wurde, denn die Gesichter von Max und Raf antworten auf… fliegende Untertassen –, Spiegeln von den Barbini-Brüdern oder auch zwei Rezzonico-Kronleuchtern aus Murano-Glas.
Unglaubliche Teller
Am Herd führen Sergio Preziosa und Silvio Giavedoni eine venezianische Sinfonie aus, die von der Philosophie von Max Alajmo inspiriert ist. Und der Erste fasst das Kredo des Hauses zusammen: „Es handelt sich um eine aktuelle Vision der lokalen kulinarischen Geschichte, mit Produkten von hier, die wir bei Produzenten finden, die die Nachhaltigkeit des empfindlichen Lagunen-Biotops ins Zentrum ihrer Arbeit stellen.“ Davon zeugt ein Teller von stolzer Einfachheit, der die Gemüse von Sant’Erasmo veredelt, der „Gemüse-Garteninsel“, der den Ball eröffnet: Lauch, Fenchel oder Rote Beete drücken eine Fülle von Geschmacksnoten aus, die Konsequenz, so sagt man, des besonderen Charakters eines Ökosystems in dem Süß-und Salzwasser aufeinandertreffen. Mit den tortelli ist es eine andere Wasserekstase, die folgt: Mit Muscheln mit zarten und iodhaltigen Düften gefüllt, tanzen diese Cousins der Ravioli einen extrem lebendigen Rundtanz mit zarten moscardini – kleinen Tintenfischen – und einer Soße aus Seeigeln von erheitern- der Bitterkeit. Ein weiterer Klassiker, das risotto di gò (das die Grundel im Dialekt Venedigs bezeichnet), wurde vor mehreren Jahrhunderten von den Fischern von Burano erfunden: Hier amüsiert sich Pomatoschistus microps mit See- Spinne und einem Artischocken-Sorbet für eine anregende Allianz, die dieses traditionelle Gericht in die Gegenwart bringt. Eine Komposition, die die Vision von Tiziano Scarpa untermauert, einem großen Schriftsteller, der im Titel einer seiner Romane verkündete „Venedig ist ein Fisch.“
Das Ristorante Quadri liegt an der Piazza San Marco, 121 (Venedig). Geöffnet mittwochs bis sonntags abends, aber auch samstags und sonntags mittags. Menu zwischen 140 und 285€
alajmo.it