Babak Kazemi & Maryam Firuzi: Um Haaresbreite
Im ersten Teil von Aspekte der zeitgenössischen iranischen Photographie stellen Babak Kazemi und Maryam Firuzi den zeitgenössischen Iran auf elegante Weise mit Um Haaresbreite in Frage.
Die Photographin Maryam Firuzi hat ihre Freundinnen posieren lassen, bevor sie sie um Haarsträhnen bat, um diese auf die auf Leinwand gedruckten Portraits zu sticken. Rothaarig, brünett, schwarz oder blond, diese Mähnen entfalten sich in verführerische Windungen, die an die Kaskaden einiger persischer Miniaturen aus der Serie Before our chance to watch ends vol. 2, Gisoo (2018-2020) erinnern. Ästhetisch, um nicht zu sagen erotisch, sind diese Werke vor allem Akte der politischen Behauptung in einem Land, das der Diktatur der Mullahs unterworfen ist: „Nach islamischem Gesetz, ist der Hidschab keine Verpflichtung mehr, wenn die Haare einer Frau abgeschnitten sind ; so als ob die Haare, die früher eine Zierde für das Gesicht der Frau waren, zu einem toten körperlichen Element geworden seien, die also seinen verführerischen und begehrenswerten Charakter nehmen“, erklärt jene, die den Körper der Frau ins Zentrum ihres Schaffens gestellt hat, wie bei Concealment (2018). In diesen viereckigen Aufnahmen taucht nur das Rund des Gesichts und eine Hand auf, der Rest ist mit Haufen aus Muscheln, Federn oder auch Ästen bedeckt, so als ob sie uns sagen wollte, dass sie sich lieber in der Natur versteckt als dazu gezwungen zu sein sich zu verbergen. In Reading for Tehran Streets (2016), posiert sie im Außenraum, lesend, in rigorosen Kompositionen, deren Künstlichkeit abseits ist – man denke an Gregory Crewdson –, so als ob der Inhalt ihrer Lektüre in ihrem Außenraum zum Leben erweckt würde, was sich durch eine Traum-Sturzflut ausdrückt. Die letzte ausgestellte Serie Scattered Memories of a Distorted Future (2021) zeigt ihre Künstler-Freundinnen in einem verlassenen Gebäude, das sie mit ihren Werken geschmückt haben. Man könnte glauben, dass uns Maryam Firuzi fragen will: Was kann die Kunst im Angesicht einer Ruine?
Neben ihren Werken sind jene von Babak Kazemi aufgehängt, zwischen Überlegung einer extremen Finesse zur Erdölindustrie (A Report for D’Arcy, 2003-2013), was an Sebastião Salgado erinnert, und Fragen zur Funktion der Armee bei der Rückkehr aus seinem Militärdienst (Sir Yes Sir, 2008). Man bleibt sprachlos vor The Exit of Shirin and Farhad (2012), einer Neuinterpretation eines persischen Romeo und Julia im Angesicht der Modernität, denn es illustriert den Parcours zweier junger Iraner, um sich lieben zu dürfen… Zwei begeisternde Künstler, die für die Verteidigung der Freiheit engagiert sind, zwei echte Widerstandskämpfer, die im Iran leben, deren Kampf nichts mit dem einiger westlicher Künstler zu tun hat, die Rebellenposen einnehmen… ohne jegliches Risiko.
Im Espace Apollonia (Straßburg) bis zum 16. April
apollonia-art-exchanges.com
> Der zweite Teil von Aspekte der zeitgenössischen iranischen Photographie wird von Juni bis Anfang September stattfinden, mit Ausstellungen im Europäischen Parlament, in Apollonia, auf einem Schiff und im öffentlichen Raum in ganz Straßburg