Auf nach Basel mit Romeo Castellucci und seinem Requiem von Mozart

© Luca del Pia

In Basel inszeniert Romeo Castellucci das Requiem von Mozart, Gewissheit des unausweichlichen Verschwindens und Hymne an das Leben.

 

In der Theaterwelt für seine revolutionären Inszenierungen bekannt, (deren Höhepunkt der Epos Tragedia Endogonidia ist) in denen die Kraft des Sinns sich in die hintersten Falten einer schonungslosen Ästhetik einschleicht, bedient von Bildern, die sich dauerhaft auf der Netzhaut einbrennen, hat sich Romeo Castellucci in den 2010er Jahren auch in einen Opernstar verwandelt. Sein Ring des Nibelungen, den er in dieser Saison in La Monnaie in Brüssel uraufgeführt hat, ist ein Ereignis, wie es sein Requiem von Mozart in Aix vor einigen Jahren war, das hier wiederbelebt wird. In seiner bekanntesten Version präsentiert – jener, die nach dem Tod des Komponisten von Franz Xaver Süssmayr vervollständigt wurde –, wird das von Ivor Bolton dirigierte Werk von anderen Stücken seines Autors begleitet. „Ich habe das Gefühl, dass das Requiem von Mozart heute besonders richtig klingt. Man kann darin die Angst beobachten, die unsere Menschheit durchzieht, welche der Idee der Auslöschung zum Opfer fällt, sowohl der individuellen als auch jener des Menschengeschlechts. Das Ende, das Verschwinden, stellen unseren einzigen Horizont dar, sowie jenen des Universums. Alles wird sich schließlich langsam im Nichts auflösen“, fasst der Regisseur zusammen, der das Werk in ein Bühnenobjekt zwischen Bildender Kunst, Performance, Tanz und Theater verwandelt hat. 

Requiem | Trailer

 

Als Zeugnis dieser Vision, die symbolisch die Kriege von heute und die Klimaerwärmung zitiert, wird der „Atlas des großen Artensterbens“ auf den Bühnenhintergrund projiziert. Er nimmt die Form einer Liste zerstörter Monumente (wie der Domus Aurea von Antiochia oder des königlichen Alcázars von Madrid), verschwundener Tier-oder Pflanzenarten (wie dem Mammut), ausgerotteter Volksstämme, ausgestorbener Sprachen an… Wie so oft bei Romeo Castellucci entfalten sich Saineten von großer Kraft, die jeder für sich interpretieren muss, um ihr Geheimnis zu lüften. Hier ist ein Mädchen, das mit Farbe be- deckt ist, an einer Wand aufgehängt. Woanders entdeckt man Folklore-Tänze mit primitiver Eleganz, die unheimlich an die Choreographie von Vaslav Nijinski für die Uraufführung des Sacre du printemps im Jahr 1913 erinnern. Die Schönheit ist zart. Vorübergehend. Ein Tag. Bis dahin ist da das Leben… Das ist die Botschaft dieses Requiems, Metapher des menschlichen Schicksals, ob vom individuellen oder gemeinschaftlichen Standpunkt aus betrachtet, eine Feier der Existenz in einer Regung voller Anmut. „Da der Tod das endgültige Ziel unseres Lebens ist, habe ich mich so sehr mit diesem echten und besten Freund des Menschen vertraut gemacht, dass sein Bild für mich nichts Erschreckendes mehr hat, sondern mir sogar beruhigend und tröstend erscheint“, schrieb Mozart. Ein Satz, der wie die Faust aufs Auge zu der Vision passt, die Castellucci von seinem Meisterwerk zeigt. 


Im Theater Basel (Basel), am 3., 9., 17., 20. und 26. Mai, dann am 1., 12. und 15. Juni
theater-basel.ch

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