Anna Haifisch und ihre Mäuse im Musée Tomi Ungerer
In einer verführerischen Poesie erobert Anna Haifisch das Musée Tomi Ungerer für ihre erste Einzelausstellung in Frankreich.
Das riesige Triptyque de Strasbourg, das am Tor des Museums hängt, gibt den Ton an. Auf einem Schild macht sich eine langgezogene Maus mit Palette und Pinsel in der Hand daran zu malen. Auf einem Zweiten, scheint sich ein melancholischer Spatz auf das Elend der Welt zu konzentrieren, während das Letzte eine Windmühle zeigt, auf deren Flügeln die beiden Tiere sitzen. Die Zeichnung ist einfach. Die Farbpalette reduziert. Für diese Ausstellung hat Anna Sailer, die neue Direktorin der Straßburger Institution, die Messlatte hoch gelegt, mit der Entdeckung der deutschen Zeichnerin Anna Haifisch. In einer permanenten poetischen Diskrepanz erkundet die Dreißigjährige das Künstlerleben – einer der roten Fäden ihres Schaffens – mit einem lakonischen Humor: Davon zeugt ein erster Saal in Form eines Eintauchens in ihr Atelier, aber auch ihre Figur, die in Vice entstanden ist, wo sie seit 2008 eine wöchentliche Kolonne veröffentlicht. The Artist – das ist ihr Name – ist ein komischer Vogel, dessen Leben die Preisträgerin des prestigeträchtigen Max-und-Moritz- Preises 2020 erzählt. In Clinique Von Spatz, der Nervenheilanstalt von Santa Monica, die auch als Pavillon der Visionäre bezeichnet wird, trifft man unter anderem auf Walt Disney mitten im Burnout, der enttäuscht mit Saul Steinberg und Tomi Ungerer spricht, die ebenfalls in einer kreativen Krise stecken
Um die menschliche Komödie zu repräsentieren, nutzt Anna Haifisch Tiere – wie Art Spiegelman, Charles Schulz, etc. – die oft eine völlige Diskrepanz gegenüber der Welt darstellen. Sie hat eine Vorliebe für Mäuse: „Sie sind Beute für fast alle Tiere; es liegt etwas tragisches in ihrer Existenz. Sie sind auch besonders austauschbar mit ihrem grauen Fell und der Tatsache, dass sie so zahlreich sind“, fasst sie zusammen. In einem anderen Werk halten zwei Nager eine Residenz in Fahrenbühl, einem imaginären Ort in den Bergen, auf der Suche nach Inspiration in einer Fiktion, die, wie so oft, autobiographische Züge trägt. Einer der roten Fäden der gebürtigen Leipzigerin ist eine leicht desillusionierte Poesie, sie befasst sich gerne mit Heterotopien, Räumen von erstaunlicher Banalität in ihrer Erscheinung, die Ausflüge außerhalb der Welt sind, der Definition von Michel Foucault entsprechend: Eine physische Verortung der Utopie. So ist es mit der Villa Aurora in Los Angeles, in der die Künstlerin 2022 artist in residence war, von wo sie Ready America mitbringt, eine Post-Pop-Variation zum kalifornischen Traum, in dem die Werbung und andere Zeichen den Stadtraum sättigen, alles bevölkern und ein ambivalentes Gefühlt von Abstoßung / Faszination erzeugen.
Im Musée Tomi Ungerer – Centre international de l’Illustration (Strasbourg) bis zum 7. April