La Grande Gare im Festspielhaus

Cecilia Bartoli © Emanuele Scorcelletti

Unter der Leitung von Thomas Hengelbrock entfaltet sich die ganze Pracht von La Grande Gare, dem Herbstfestival des Festspielhauses mit Lea Desandre, Julian Prégardien, Cecilia Bartoli…

In diesem Jahr ist La Grande Gare vor allem eine stimmliche Angelegenheit: Es beginnt mit dem Europäischen Singfest (Ateliers am 16. & 17.11., dann Konzert am 24.11.) –, bei dem sich Laien und Profis für eine unvergessliche Erfahrung mischen – aber das Ereignis empfängt auch Lea Desandre, deren Talent im vergangenen Sommer beim Festival d’Aix-en-Provence explodierte. Mit den Barock-Stars des Ensembles Jupiter präsentiert die Mezzosopranistin eine betörende und sonnige Vivaldi-Odyssee (16.11.). Herbstlicher ist ein Ausflug in Schuberts Gefilde, mit einer Reihe von Liedern, die von Julian Prégardien (20.11.) interpretiert werden. Man begegnet dem Tenor in Die Schöpfung (17.11.) an der Seite von Thomas Hengelbrock wieder. Als Übergangspunkt von der klassischen Erhabenheit zur entstehenden Romantik ist das Oratorium von Haydn gleichzeitig von der Bibel und dem Paradise Lost von John Milton, einem großen episch-religiösen Gedicht, inspiriert: Als polyzentrische Erwähnung der Entstehung der Welt, stellt das Werk ein geschicktes Gleichgewicht zwischen Glauben – der Komponist behauptete, dass seine Musik „von oben kommt“ – und freimaurerischen Einflüssen her, das bei Bach und (vor allem) Händel wurzelt und Beethoven ankündigt. Eine weitere große Seite, die vom deutschen Dirigenten und seinem Balthasar- Neumann-Orchester interpretiert wird, ist das Requiem von Mozart (23.11.), mit einem unglaublichen Casting, zu dem insbesondere Eva Zaicik gehört.

Und schließlich ist es unmöglich nicht die beiden Opern von Gluck zu erwähnen, die in Konzertversion gespielt werden. Die Erste, Iphigénie en Tauride (22.11.) – derselbe Dirigent und dasselbe Orchester wie die vorherigen Werke und in der Titel- rolle, die exzellente Tara Erraught – eröffnet mit einer der berühmtesten Sturmszenen der Musikgeschichte: So werden wir mitgerissen vom tosenden Wahnsinn des Windes und das tobende Orchester evoziert den Zorn der Götter. Und schließlich entfaltet sich Orfeo ed Euridice von Gluck (24.11.), mit dem Duo aus Cecilia Bartoli, diva assoluta des 21. Jahrhunderts und Mélissa Petit, der genialen französischen Sopranistin, die große Karriere gemacht hat (an der Seite der Musiciens du Prince unter der Leitung von Gianluca Capuano). Eurydike ist tot. Orpheus verzweifelt. Dank der Kraft und Schönheit seines Gesanges wird er seine Schöne aus der Hölle zurückholen, sie in die Welt der Lebenden zurückbringen… unter der Bedingung sie nicht anzuschauen. Und was glauben Sie, hat er gemacht? Indem er den Mythos als Grundlage nimmt, hat der Komponist eine überwältigende Partitur geschrieben, die mit großem Tiefgang die menschlichen Gefühle und die Macht der Liebe über den Tod hinaus widerspiegelt. Auf sie bezogen schrieb Jean-Jacques Rousseau sogar: „Da man zwei Stunden lang eine so große Freude haben kann, verstehe ich, dass das Leben zu etwas gut sein kann.“


Im Festspielhaus (Baden-Baden) vom 15. bis 24. November

> Orfeo ed Euridice mit Cecilia Bartoli wird auch in der Philharmonie de Luxembourg (03.11.) und in der Tonhalle in Zürich (30.11.) präsentiert
ceciliabartoli.com

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