Die Frauenherrschaft von Agnès Jaoui in L’Uomo Femina
L’Uomo Femina von Baldassare Galuppi entfaltet sich in einer tyrannischen Frauenherrschaft. Gespräch mit Agnès Jaoui, die dieses Juwel des Barocks inszeniert.
Nach dem Hit Tosca im Jahr 2019 ist L’Uomo Femina, dessen Partitur im Jahr 2006 wiedergefunden wurde, ihre zweite Operninszenierung: Was fasziniert Sie an diesem dramma giocoso von 1762?
Das Thema hat mich begeistert, da sich die Handlung auf einer Insel abspielt, auf der die Frauen mit eiserner Hand regieren, während den Männern der Haushalt zufällt und sie ihre Zeit damit verbringen sich schön zu machen… Schwach und oberflächlich sind sie das „schwache Geschlecht“.
Wie stellt man diese matriarchalische Welt dar?
Für die Kostüme hatte ich keine Lust darauf die Frauen als Männer zu zeigen und umgekehrt, sondern mir einfache Fragen zu stellen: Wie kleidet man die Männer so, dass sie das andere Ge- schlecht verführen? Mit welchem Mit- tel kann man sie erotisieren? Für welches Körperteil interessiert man sich? Ich wollte sie gleichzeitig begehrenswert machen, sie einschränken – so wie es die Frauen mit ihren Korsetts waren – und sie verletzlich zeigen. Das hat mich viel darüber nachdenken lassen was männlich und weiblich ist. Für das Bühnenbild habe ich mich der Maurischen Architektur zugewandt, in gewisser Weise ein umgekehrter Harem, in dem die Männer Gefangene sind.
Diese komplette Umkehr ist sehr zeitgenössisch…
L’Uomo Femina steht in Einklang mit den aktuellsten feministischen Debatten, aber dieses Thema gab es in allen Zeitaltern. Als ich zu dieser Oper gearbeitet habe, hatte ich insbesondere den Mythos von Omphale im Kopf, in dem Herakles unter dem Joch dieser Königin steht, die oft mit einem phallischen Zepter dargestellt wird, während der Held Wolle spinnt! Alle diese Ge- schichten stellen die Unterwerfung und die von der Gesellschaft zugeteilten Rollen von Mann und Frau in Frage.
Sie haben mit Schauspielern gearbeitet, ob im Kino oder im Theater: Ist der modus operandi mit Sängern identisch?
Die nötige Präzision ist gleich. Zum Beispiel habe ich im Vorfeld intensiv zur Gestik gearbeitet: Was sind weibliche oder männliche Haltungen? Wie nimmt jedes Geschlecht den Raum ein? Wie verhalten sich die Körper in einer Dominations-Situation zueinander? Meine Ausbildung als klassische Sängerin [Agnès Jaoui hat zu Beginn ihrer Karriere am Konservatorium studiert, Anm.d.Red.] hat mir auch sehr dabei geholfen zu wissen, was ich verlangen kann und was ich nicht verlangen kann.
Hat Ihnen dieses Produktion Lust auf weitere Opern gemacht?
Ja, wenn ich alle Opern inszenieren könnte, würde ich es tun [lacht]. Im Ernst werde ich in der kommenden Spielzeit Don Giovanni von Mozart im Capitole in Toulouse auf die Bühne bringen. Und in der Zwischenzeit habe ich einen Film geschrieben, der während der Inszenierung von Noces de Figaro spielt, der in zwei Jahren her- auskommen wird.
Im Auditorium der Opéra de Dijon vom 7. bis 9. November
opera-dijon.fr