Clowns, Chaos und ein Shelter für Volmir Cordeiro
Der Choreograph Volmir Cordeiro nimmt sich der Figur der queeren Clowns und der Unordnung, die diese erzeugen, in Shelter an: Ein Schutz vor der Gewalt der Welt.
Volmir Cordeiro ist ein rebellischer Künstler, der mit seinen Kreationen in Frankreich begann, nachdem er das Centre national de Danse contemporaine in Angers besuchte, während er gleichzeitig eine Doktorarbeit zu den Figuren des Ausschlusses verfasste. Er liebt fieberhafte Exzesse und transgressive Körper, lässt Clownfiguren auf der Bühne landen, die angezogen sind, als sei es der Morgen nach der Party: Sieben Tänzer und eine Sousaphon-Spielerin. Das, was glänzte, ist zum Teil verbraucht, die Schminke ist verflossen und die Mienen haben zwar ihren Flitter und ihre Kraft verloren, aber die Herausforderung im Blick bleibt. Übrigens hat die kleine Karnevals-Bande mit himmlischem und frechem Aussehen mit einer gewissen Freude die pfiffigen Accessoires aus einem männlichen und weiblichen Kleiderschrank gemischt. Alle scheinen blutleer. Entkräftet am Boden hat jeder Mühe damit aufzustehen, wieder Fuß zu fassen, sich wieder in Bewegung zu bringen.
Shelter ist ein Ort der Möglichkeiten an dem Trubel herrscht, in einer Menschheit, die sich selbst wiedererobert. Der Tanz von Cordeiro schöpft aus der kollektiven Kraft und der Freude, ohne jedoch in eine Nachahmung oder ein Unisono zu verfallen. Die individuellen Unebenheiten sind einer der Schlusssteine einer Arbeit voller Finesse, in der der Blick des Publikums zu einem scharfen Blick fürs Detail eingeladen wird, zu einer Freude am Winzigen ebenso wie am Exzess. Das Groteske ist nicht nur ein Pastiche – noch eine burleske Aufforderung zum Lachen –, sondern die Überwindung der Normen, das rettende Trampeln auf dem politisch Korrekten oder einem vorgetäuschten Anstand. Oft zähneknirschend. Manchmal störend. Der Brasilianer will „die Erfahrung der Remobilisierung des Denkens, des Blicks und der Gemeinschaft anbieten“ indem er einen „Prozess einsetzen lässt, um etwas über diese Welt der Gewalt aber auch des Mutes zu sagen, eine Welt, die uns heute noch mehr dazu zwingt an Metamorphosen zu glauben, an die gemeinsame Konstruktion und die Kontaminierung wie ein Gebiet der Mischungen voller Humor, Diversität, Vitalität.“ Wo findet man von diesem Moment an welchen Schutz für unsere Revolten, unsere Kämpfe und unsere Verletzlichkeiten? Mit einer Prise Melancholie schafft der Humor eine Atmosphäre der Befriedigung in der jene, die der Choreograph seine „queer marginalen Öko-Clowns“ nennt irdische Überlegungen hinzufügen. Jeder hat seinen eigenen Namen: Das Wasser, die Worte, die Verschmutzung, der Sturm, die Überflutung, das eruptive Wesen, das hybride Wesen, der Bauch des Monsters, der Hacker-Pirat. Jeder spielt verrückt, um besser seine Rolle auszufüllen mit einer Kraft, die sich an den Samba-Rhythmen orientiert, die mit Live-Blechblasinstrumenten durchzogen sind. Mitreißend wie eine wahnsinnige Sarabande. Frei, frei, frei.
Im Theater Freiburg (Freiburg-im-Breisgau) am Donnerstag den 16. Mai
theater.freiburg.de