Constanza Macras erfindet Carmen am Theater Basel neu
Für ihre erste Operninszenierung liefert die Choreographin Constanza Macras eine radikal feministische Carmen.
Auch wenn Constanza Macras nicht so weit geht wie Leo Moscato im Jahr 2018 in Florenz – in seiner Inszenierung tötete die Roma den Eifersüchtigen – präsentiert sie nicht weniger eine Lektüre von Carmen von übersteigertem Feminismus, verwandelt den Archetyp der freien und unabhängigen Femme fatale von Bizet in eine echte Freiheitskämpferin. So sieht man sie als kitschige Dompteurin – braune Lederhose, Stiefel mit Pailletten und durch die Luft sausende Peitsche – Tänzer bezwingen, die als Tiger und Löwen verkleidet sind. Der nur aus Mädchen bestehende Kinderchor marschiert im Gleichschritt, schwenkt Schilder oder hält die geballte Faust hoch, ein emblematisches Frauensymbol vom Ende der 1960er Jahre. Wenn man hinzufügt, dass die Ermordung der Heldin in die lange Reihe der zeitgenössischen Frauenmorde eingereiht wird, ist es einfach die Nachricht zu verstehen, die voller guter Absichten steckt. Sie wird mit einer gewissen Kraft verbreitet… selbst wenn es manchmal ein wenig an Finesse fehlt, was der Essenz des Dramas schadet, ihm das Dämonische nimmt, das es durchtränkt. War es, zum Beispiel, nötig pausenlos Bilder von Suffragetten oder ihrer Nachkommen auf einen Tüll zu projizieren, der die gesamte Bühne bedeckt?
Wenn man über diese Schwere hinwegsieht, findet man lauter guter Ideen, wie jene Carmen und Micaëla nicht als Gegensätze aufzubauen, nach dem Motto Rein/ Unrein um eine komplexe, gar zwiespältige Beziehung entstehen zu lassen, oder die Heldin in eine Zirkusartistin zu verwandeln, um sie von jeglicher Zigeuner-Exotik zu befreien. Sie entwickelt sich in einem Pop-Universum voller Pailletten, überzogen von einem glamourösen Kitsch, der wie die Faust aufs Auge passt, zwischen grünen Plateau-Schuhen und funkelnden Bodys. Die sechs Tänzer der Truppe DorkyPark, die von der Regisseurin gegründet wurde, tanzt nach Herzenslust, twerkt zu einer Musik, zu der das erstaunlich gut passt, getragen vom Sinfonieorchester Basel (unter der Leitung von Maxime Pascal), das eine erstaunliche Einfachheit unter Beweis stellt. Er verleiht der Partitur eine Transparenz, die wir nicht kannten, sicherlich um die Ernsthaftigkeit der Aussage zu begleiten, die sich auf der Bühne entfaltet. Auf stimmlichem Niveau ist die Kohärenz des Duos aus Rachel Wilson – Carmen mit lebhaftem Timbre, die zu einer verblüffenden, amüsierten Dramatik fähig ist – und Sarah Brady, Micaëla in Hell-Dunkel, von extremer Delikatesse hervorzuheben. Zwei Frauen, die die Besetzung einer feministischen Inszenierung dominieren: Was wäre logischer?
Im Theater Basel, am 2., 5., 7. 17. und 26. März, dann am 22., 24. und 27. April, 6., und 12. Mai und 11. Juni (in französischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln)
theater-basel.ch