Tsew The Kid, das Rap-Pop-Phänomen
Für die Streaming-Generation steht er an der Spitze der Charts der Plattformen. Mit seinem Rap-Pop, der mit dem R’n’B flirtet, liegt Tsew The Kid die Metropole zu Füßen.
Von einem Kid zum Nächsten ist es oft nur ein Schritt. Tsiry Tsu („Blütenknospe“ auf madagassisch) hat sich als Pseudonym Tsew The Kid als Hommage an Billy The Kid ausgesucht, mit dem er das gleiche schöne Babyface teilt. Aber ein anderer Kid – Cudi, Star des komplexlosen Hip-Hops nach der experimentellen und stellaren Weise von Bowie – gehört zu seinen Idolen. Es gibt schlechtere persönliche Pantheons. Nach einer Kindheit, die er in Madagaskar im Haus der Familie in Andohanimandroseza, in den Höhen von Antananarivo verbrachte, kommt er nach Paris und trägt seine Wurzeln im Herzen.
Um ihn herum gehen die Instrumente von Hand zu Hand, man geht in die Kirche und überall erklingen Gospels, im Chor oder Solo. Er lernt Klavier und Gitarre als Autodidakt, in einem Mini-Home-Studio, das er in seiner Garage bastelt. Seine Instrumentalmusik trägt noch die Spuren dieser Epoche, eine Mischung aus ausgefeilten Beats, diskretem Schlagzeug und seidigen akustischen Akkorden (Laisse faire, Les Restes de mon passé). Seine einfache Authentizität hat ihm eine Goldene Schallplatte eingebracht, es sei denn es war sein ungreifbarer Stil: Gesungener Rap (fast) ohne Autotune, erstklassige Beschleunigungen, tanzender Pop, der nah an der Ballade ist und Texte, die für Musikalität sorgen und gleichzeitig echte Lebensausschnitte erzählen. Sein Hit Wouna zeugt davon. Das Portrait einer Freundin, die an ALS erkrankt ist und an Sterbehilfe denkt, um nicht im Rollstuhl zu enden, der Tsew einen berührenden Refrain voller Hoffnung widmet: „Wouna liebt Drogen / Wouna liebt Sex / Wouna liebt Sex unter Drogen, die sie high machen / Wouna liebt die Leute nicht / sie haben ihr wehgetan (…) / Flieg weit fort von hier und schlage auf einer Wolke mit deinen Flügeln / Du bist ein Steinadler, kein Käfigvogel.“
Ende Juni brachte er On finira peut-être heureux (Vielleicht werden wir am Ende glücklich sein) beim unabhängigen Label Panenka heraus. Die Orchestrierung ist hier ausgearbeiteter als vorher, ohne die Stimme zu überlagern, oder seine Lust mit den Gattungen zu spielen (sehr effizienter Flow auf Quattrocento) und seine Refrains zu singen. Von der Wüste (Désert) die ihn manchmal heimsucht, wenn alles schlecht läuft, zur Nostalgie in Schwarzweiß (Laisse faire) oder enttäuschter Liebe (Deuxième chance), vertraut uns der Künstler die Einsamkeit an, die ihn erwartet, wenn er auf Tourneen zurück im Hotel ist (Ailes noires). „Ich hoffe, dass das Kind in mir nicht tot, sondern verletzt ist“, er will „der Versuchung des Engels widerstehen“, der ihn dazu drängt seine „schwarzen Flügel zu verbrennen“. Er schaut den Tatsachen ins Auge, selbst mit seiner Seelenverwandten, mit der die Beziehung kompliziert wird („Und Du hast deinen Feind gesehen / es war dein Spiegel / Es waren nicht die anderen“). Trotz der Zweifel erinnert On finira peut-être heureux an einen gewissen Jacques Brel: „Und wenn es nicht sicher ist, ist es trotzdem vielleicht…“
In der BAM (Metz) am 17. November, dann 2024 in La Cartonnerie (Reims) am 9. Februar, in L’Autre Canal (Nancy) am 22. Februar, in Den Atelier (Luxemburg) am 23. Februar und in La Laiterie (Straßburg) am 28. März