Nadia Beugré und Prophétique (on est déjà né-es)

© Werner Strouven

In Prophétique (on est déjà né·es), lädt Nadia Beugré die heimlichen Diven aus Abidjan dazu ein die erlittene Gewalt und die geforderte Freiheit in Tanz zu verwandeln.

Flieg Schmetterling, flieg, flieg. Wenn du nicht fliegen kannst, werden dich die Kinder einfangen…“ So endet, rebellisch, das vor Leben brodelnde Stück von Nadia Beugré. Ein Abzählreim für Kinder, der a cappella von Trans-Performance-Künstlerinnen und nicht-binären Interpreten gesungen wird, die mehr als eine Stunde lang ihren unendlichen Sinn für Freude und Feiern auf die Bühne geworfen haben, um den Platz und den entwertenden Blick der Gesellschaft zu beseitigen. Diese „illegalen Divas des Dancefloors“, wie sie die Choreographin von der Côte-d’Ivoire nennt, beweisen, dass der Tanz eine Kampfkunst ist, ein Mittel zur Emanzipation. Indem sie sich Beyoncé, Canel oder auch Taylor Dear nennen, stehen sie zu sich und akzentuieren nach Herzenslust, in einer Kühnheit, die der Gewalt, die sie erfahren in nichts nachsteht, die glitzernde Überschwänglichkeit ihrer Identität und ihrer Vorlieben. Zu wütender Musik und Wiederaufnahmen von Miriam Makeba (Pata pata) oder Rihanna (Man Down), twerken sie auf allen Vieren, mit Netzstrümpfen und String auf den prallen Hinterteilen. Man wogt in einer grenzenlosen Verführungskunst und einem kommunikativen Loslassen. Rundtänze bilden sich, man feuert sich gegenseitig an, die charakteristischen Schritte des Voguing (Duckwalk, angewinkelte Beine und mühlenartige Bewegungen mit den Armen und Handgelenken) fliegen in energischen Windungen davon, um besser in Form eines dip auf dem Rücken zu landen, auf theatralische Weise, mit angewinkeltem Bein.

Nadia Beugré : Prophétique (on est déjà né-es) © Werner Strouven
Nadia Beugré : Prophétique (on est déjà né-es) © Werner Strouven

Mit dem Mikro in der Hand sorgt ein falscher Monsieur Loyal, der der echte Zeremonienmeister ist, für Stimmung an diesem Abend, der anders ist als andere. Ohne Vorwarnung werden wir eilig in die nächtliche Atmosphäre von Youpogon versetzt, die Bühne wird von Abfällen der Haar-und Schönheitssalons eingenommen, in denen diese feine Gesellschaft tagsüber arbeitet. Haarverlängerungen, Haarspray und Schminke erwarten jeden an seinem Plastikstuhl, dem Publikum gegenüber aufgereiht, überragt von Stoffen, die im Licht schimmern. Aber hinter der immerwährenden Laszivität, den begehrenswerten und begehrten Körpern, der glamourösen Provokation, den Lapdances und den Schlägen auf den Hintern, begleitet von kollektivem Kreischen und Feierlichkeiten, versteckt sich die Notwendigkeit eines Abreagierens der angehäuften Frustration, für diese Figuren, die am Rande des Zusammenlebens gestrandet sind, kaum toleriert, abgelehnt in einer Animalität, die sie buchstäblich wie ein Hunderudel ausdrücken. Nadia Beugré macht aus ihnen Magierinnen, die die Welt von morgen neu verzaubern. Sie trotzen den Anweisungen und machen sich schön, schminken sich zu einem zu Kopf steigenden Boléro von Ravel. Die Hölle, das sind immer die anderen: Sein Vater, die Hand der Freundin oder des Freundes in der Straße zu halten, nie wirklich genug männlich oder weiblich zu sein. Prophetisch bringen sie die Schönheit bis an ihre ausgrenzenden Grenzen, mit sicherer Queer-Stärke, mit stolzen Posen, die die Homophobie herausfordern. „Wir gehen nicht weg, wir werden uns nicht mehr verstecken, denn wir wurden schon geboren.

Nadia Beugré : Prophétique (on est déjà né-es)

Im Theater Freiburg am Samstag, den 18. November und in der Kaserne (Basel) am Dienstag, den 21. und Mittwoch, den 22. November im Rahmen von Culturescapes 2023 Sahara
theater.freiburg.dekaserne-basel.ch

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