Silhouettes: Marc Desgrandchamps in Dijon ausgestellt

Sans titre, 2011, Paris, musée d’Art moderne © Paris Musées, musée d’Art moderne, Dist. RMN-Grand Palais / image ville de Paris © Adagp, Paris 2023

Riesige mehrteilige Gemälde und Zeichnungen: Die Silhouettes (Silhouetten) von Marc Desgrandchamps durchziehen seine neuesten Werke.

Als einer der großen Akteure der zeitgenössischen Kunst, illustriert Marc Desgrandchamps die Rückkehr der Malerei. Selbst wenn er für seine Farbflüsse bekannt ist – so als ob das zu flüssige Material zum Teil heruntergetropft sei, was ein wässriges und buntes Netzwerk provoziert – muss man feststellen, dass diese Rinnsale seit rund zehn Jahren ausgetrocknet sind, ohne dass seine Ästhetik der Vergänglichkeit davon beeinflusst worden wäre. Eine thematisch konstruierte Ausstellung konzentriert sich auf seine neuesten Werke, in denen sich Bilder wie Un Matin du temps de paix (Ein Morgen in Friedenszeiten) entfalten. Eine Frau, die dabei ist, mit ihrem Telefon einen See zu fotografieren, scheint von der Landschaft durchströmt zu werden. Eine durchsichtige Silhouette, die mit dem großen Blau verschmilzt – ein Farbton, den der Künstler mit sichtlicher Freude abstuft – illustriert die Zerbrechlichkeit unserer Existenzen. Hinter dem friedlichen Anschein einer banalen Szene verstecken sich so Abgründe, oder wenigstens Ungewissheiten. Der Frieden, der im Titel des Werkes präsent ist, könnte in der Tat dem Krieg weichen: Ist die Ruhe dieser Szene aus dem Jahr 2022 nicht mit dem Einschlagen der Bomben in der Ukraine in Verbindung zu bringen?

Silhouettes: Marc Desgrandchamps - Les Effigies (1995)
Silhouettes: Marc Desgrandchamps – Les Effigies (1995)

Indem er seine Pinsel in die Kunstgeschichte taucht, geht der Maler einen Dialog mit Ikonen wie Le Déjeuner sur l’herbe (Das Frühstück im Grünen) von Manet ein, vom dem er eine Version von großer Lebhaftigkeit präsentiert, in der eine griechische Statue in das Gemälde eingearbeitet wurde, so dass er mit den Zeitlichkeiten spielt. Der zerbrechliche und vorübergehende Charakter persönlicher Erinnerungen – eine Quelle, aus der er genauso schöpft wie aus Pressebildern – prallt mit etwas zusammen, dass der Größenordnung des Ewigen angehört. Bei Marc Desgrandchamps sind die Landschaften fragmentierte, durchsichtige und zerbrechliche Formen. Paradoxerweise verleiht diese Auflösung den Figuren, unseren Zeitgenossen, eine zusätzliche Macht. Das Diptychon Sans Titre (Ohne Titel, 2020), das von der Stadt Dijon angekauft wurde, ist ein Konzentrat der Anliegen des Künstlers: In einem architektonischen Raum, der an jenen der Geißelung Christi von Piero della Francesca erinnert, betrachten zwei weibliche Silhouetten von heute mit undefinierbaren Gesichtern, gezogenen Smartphones und New Balance an den Füssen eine kopflose antike Statue mit durchsichtigem Faltenwurf. In der Ferne eine weitere, winzige Figur, die die Szene von einem Fenster aus beobachtet. Es liegt am Betrachter die unterschwellige Erzählung dieser Szene hinzuzufügen, die die Epochen vermischt. Man könnte sie tendenziell als eine Überlegung zu Verständigungsschwierigkeiten im Zeitalter des Digitalen betrachten. Der Mensch wird hier in eine ewige Gegenwart ganz aus Schatten getaucht, in der die Lichter der Vergangenheit unwiderruflich erloschen sind. Aber das ist sicher zu einfach…

Silhouettes: Marc Desgrandchamps - Un matin du temps de paix, 2022 © Courtesy Galerie EIGEN + ART Leipzig/Berlin
© Adagp, Paris 2023
Silhouettes: Marc Desgrandchamps – Un matin du temps de paix, 2022 © Courtesy Galerie EIGEN + ART Leipzig/Berlin
© Adagp, Paris 2023

Im Musée des Beaux-Arts de Dijon bis zum 28. August
beaux-arts.dijon.fr

> Im Dialog wird Dia-logues im Musée Magnin (Dijon, bis 28.08.) mit Grafiken des Künstlers präsentiert – musee-magnin.fr

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