Will Eisner glänzt im Cartoonmuseum Basel
Mit Will Eisner, Graphic Novel Godfather, erzählt das Cartoonmuseum Basel den Werdegang und die genialen Experimente des Gründervaters des modernen Comics.
Ein Mann, der ganz allein eine Seite der Geschichte des Comics verkörpert. Ein echter Superstar war Will Eisner (1917-2005), der das Genre revolutionierte, indem er es vom Comic bis zum Graphikroman weiterentwickelte, aber in erster Linie war er ein großer Geschichtenerzähler. „Ein Schriftsteller, der zeichnet“, wie es dieser geborene Neugierige gerne zusammenfasste… Nicht ohne Grund tragen die amerikanischen „Oscars“ des Comics seinen Namen! Im Bereich der „sequenziellen Kunst“ hat er fast alles erfunden. Von Anfang an gelingt es diesem Sohn jüdischer Einwanderer aus Osteuropa die Abenteuer der Superhelden aus dem Ghetto der Fanzines für Früh-Pubertäre herauszuholen. Von 1940 bis 1952 macht er aus seiner Reihe The Spirit, die in der Sonntagsbeilage verschiedener Zeitungen veröffentlicht wird, ein Labor, entwickelt seine Episoden über mehrere Seiten hinweg, spielt mit den Codes, indem er diesen Verfechter der Gerechtigkeit im zweireihigen Anzug mit keinerlei übermenschlicher Fähigkeit ausstattet und eher die Gründe für die Kriminalität analysiert, als sich darauf zu beschränken seine Heldentaten zu erzählen. Wie es die Hängung im Cartoonmuseum in dieser breitgefächerten Retrospektive erinnert, geht der geniale Visionär sogar so weit, seinen Antihelden in den Hintergrund zu stellen, um das Leben in den Arbeitervierteln besser erzählen zu können, in denen sich in der Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre die Armen und die Einwanderer zusammendrängen, unter denen er aufgewachsen ist. Die Serie ist voll von Erfindungen und graphischen Tricks, beschränkt die Szenerie auf einige aussagekräftige Motive (Gullys oder Mülleimer), lässt die Konventionen der Panels und Sprechblasen explodieren (eine wunderbare Bildtafel vom 5. September 1948 bei dem man dem tödlichen Kopfsprung von Gerhard Shnobble beiwohnt!), reproduziert die Bildeinstellungen des Kinos, etc.
Alle diese Prinzipien wird Eisner verbinden, um sein zweifelsohne berühmtestes Werk zu kreieren, Ein Vertrag mit Gott (1978), auf dessen Titelbild erstmals in der Geschichte der Begriff graphic novel steht. Rund 200 Seiten einer wahnsinnigen Freiheit, in Form eines existentiellen Eintauchens inmitten eines Wohngebäudes in der Bronx. Der Künstler ist damals über sechzig und beginnt einen zweiten Teil seiner Karriere, die teuflisch fruchtbar, innovativ und persönlich ist. Die Originalzeichnungen von Lifeforce (1988) – seinem Meisterwerk – oder das autobiographische Zum Herzen des Sturms (1991) machen den Betrachter sprachlos. Der Rundgang befasst sich auch mit der unbekannteren Seite seines Werks, pädagogischen Produktionen für die jungen Rekruten der Armee oder theoretischen Bücher, die seine Kurse an der New York School of Visual Arts zusammenfassen. Seine letzten Lebensjahre hat der unermüdliche Zeichner dem Kampf gegen den Antisemitismus gewidmet, indem er mit Ich bin Fagin (2003) die Geschichte einer schrecklichen Figur aus Oliver Twist neu erzählt, aus der Dickens eine Karikatur des hinterlistigen Semiten gemacht hatte, oder indem er in Das Komplott (2005), das er kurz vor seinem Tod vollendete, die traurig berühmte Geschichte der Protokolle der Weisen von Zion erzählt.
Im Cartoonmuseum (Basel) bis zum 18. Juni
cartoonmuseum.ch
> Sonntagsführungen am 02.04., 14.05. und 11.06. um 14 Uhr
> Parallel dazu wird Hécatombe Collectives präsentiert, das Ergebnis einer Künstlerresidenz, der gleichnamigen jungen Kreativen aus Genf