Restaurant Memories: Sven Wassmer macht Furore

© Lukas Lienhard

Die Sensation des Guide Michelin 2023, Sven Wassmer gehört nun zum sehr kleinen Kreis der mit drei Sternen ausgezeichneten Schweizer Chefköche. In Bad Ragaz, im Restaurant Memories, entfaltet sich seine „neue Schweizer Alpenküche“.

Als er 2019 sein Restaurant eröffnete, waren wir verblüfft: Wenige Jahre später hat Sven Wassmer im Grand Resort in Bad Ragaz Erfolg, einem Etablissement, das sechs Sterne im Guide Michelin vereint. Drei für Memories, sein Flaggschiff, einen für Verbe by Sven – healthy & schick – und zwei für Igniv (ein gemütliches Nest, das von Andreas Caminada1 entworfen wurde, in dem Joël Ellenberger kocht). Inmitten von Heidiland ist der Palace mit zeitloser Eleganz berühmt für seine wohltuenden Wasser, die schon 1535 von Paracelsus gerühmt wurden. In einem großen Holzschiff, das er von A bis Z erdacht hat, arbeitet der Chefkoch – der vorher im 7132 Silver in Vals im Einsatz war – in einer komplett offenen Küche. Die Gäste wohnen, fasziniert, dem harmonischen Ballett der Männer der Kunst bei, dessen Rhythmus von einigen im Vorbeigehen gerufenen Worten – oft in Schyzerdütsch – bestimmt wird. „Es ist eine neue Art die Gastfreundschaft zu betrachten, so nah wie möglich an unserer Arbeit. Transparenz ist angesagt, wir haben nichts zu verstecken“, amüsiert sich der Chefkoch.

Restaurant Memories
© Lukas Lienhard

Als Verfechter einer „neuen Schweizer Alpenküche“, die naturnah ist, betont Sven Wassmer die Bedeutung „des kulinarischen Erbes dieses geographischen Raums. Es ist unmöglich unsere Geschichte zu vergessen, unsere Wurzeln und den Geist des Ortes nicht zu beachten, der stark von mehreren Produkten verkörpert wird.“ Und seine Teller mit einer sehr starken Identität sind bezaubernd zeitgenössisch, denn natürlich „ist ein Schritt nach vorne nur möglich, wenn man auch zurückblickt“. Und so kann der berühmte Satz von Marc Bloch in Apologie der Geschichtswissenschaft auf die Gastronomie angewandt werden: „Die Unkenntnis der Vergangenheit schadet nicht nur der Kenntnis der Gegenwart; sie gefährdet in der Gegenwart die Aktion selbst.“ Eine Philosophie, die ihre Anwendung in der Verwendung altüberlieferter Techniken findet: Gärung, Einwecken, Trocknen, etc… Ein weiteres Kredo des Chefkochs: Ein Minimalismus, zu dem er steht – „Je länger ich koche, umso mehr lasse ich weg“, behauptet er – um in den tiefsten Kern des Geschmacks einzutauchen, wie ein Mies van der Rohe, der ein Anhänger des Less is more war. Sein gesamtes Weltbild scheint sich in einer unveränderlichen Größe seiner Karte zu konzentrieren, ein Saibling aus dem Val Lumnezia, der perfekt gegart ist und von einer cremigen Soße und Tannenöl begleitet wird, „ein Baum dessen Geschmack sich mit jeder Jahreszeit verändert“. Im Winter passt seine scheue Kraft wie die Faust aufs Auge zu einer Kreation mit schlichter Harmonie, die in seinem Geiste an einige Partitionen von Arvo Pärt erinnert, während sie aus ästhetischer Sicht dem Action painting gleicht – irgendwo zwischen Jackson Pollock und Sam Francis – mit ihren sanften Wogen in Rosa und Braun.

Aber Worte sind unperfekte Vertreter, um einen unvergleichlichen Geschmack zu beschreiben. Genauso steht es mit einer wunderbar runden Komposition, die den Schweizer Kaviar2 verherrlicht, mit leichten Haselnussnoten, der auf ein Lager aus gegärten Champignons gebettet wurde. Eine Verbindung, die in einen Dialog mit einer Flasche Pinot Noir vom benachbarten Weingut Sprecher von Bernegg tritt. Eine rötliche Wintersonne mit strahlender Pflanzenkraft, in der die Rote Beete auf Schwarze Johannisbeere und Arve trifft, wird uns ebenfalls im Gedächtnis bleiben. Denn das ist es, worum es in einem Haus geht, dessen Name wie ein Manifest klingt: „Wir bringen unsere Erinnerungen in die Gerichte ein. Diejenigen, die sich an den Tisch setzen haben die ihrigen. Gemeinsam schmieden wir neue, einen Abend lang.“ Und die sind nachhaltig.


Das Restaurant Memories liegt im Grand Resort von Bad Ragaz. Geöffnet mittwochs bis samstags, ausschließlich abends. Menüs von 279 bis 379 CHF
memories.chsvenwassmer.com

> Im gleichen Haus findet man Verve by Sven. Täglich geöffnet. Menü zu 139 CHF

resortragaz.ch

1 Ikonischer Schweizer Chefkoch, der im Schloss Schauenstein arbeitet – andreascaminada.com
2 Er stammt von Stören, die im Quellwasser des Berges vom Hause Oona aufgezogen werden
oona-caviar.ch

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