Bissig : Aus vollem Halse lachen im Musée Tomi Ungerer
Im Musée Tomi Ungerer erkundet Aus vollem Halse lachen mit Jubel Sechs Jahrhunderte grafischer Satire anhand von rund 200 Werken.
Die Satire, die in der Antike – mit Horaz und Juvenal – geboren wurde, verlässt mit der Erfindung des Buchdrucks die literarische Sphäre um in die visuelle Ära einzutreten. Diese thematisch aufgebaute, begeisternde Ausstellung erzählt diesen Epos, der mit den Herstellungsprozessen des Bildes beginnt, die oft auf dem Spiel der Körper beruhen wie bei Lucas Cranach dem Älteren. Von den Ideen Luthers ergriffen, kreierte er in den 1520er Jahren hybride Kreaturen wie das Mönschkalb und den Baptsesel, um den Katholizismus herabzusetzen. In dieser ersten Abteilung entdeckt man auch eine geniale Faltung, die aus vier Schweinsköpfen den Kopf von Hitler formt, die Gobbi von Jacques Callot – groteske Figuren, die von den Hofnarren und Zwergen am Hofe des Cosimo II. de’ Medici inspiriert sind – oder auch kirchenfeindliche Kompositionen von Eugène Ogé, in denen ein Pfarrer mit seiner Soutane, der an eine Furcht einflössende Fledermaus erinnert, seine Krallen um das Sacré-Cœur gelegt hat und von einem Schwarm seiner Artgenossen umgeben ist. Die passende Überleitung zur folgenden Abteilung, die den Gegenmächten gewidmet ist und eines der bevorzugten Themen der Satire erkundet: die Kritik an der bestehenden Ordnung. Der Besucher schätzt hier insbesondere die berühmte Zeichnung von Charles Philipon, die in vier Etappen das Gesicht von Louis-Philippe in eine Birne verwandelt.
Auch eine Gravur von Félicien Rops wird gezeigt, in der ein zweiköpfiger Geier über dem Kadaver der Freiheit kreist. Mit dem Titel Ordnung herrscht in Warschau nimmt sie die ungeschickte Aussage von Horace Sébastiani, dem damaligen Außenminister auf, um zu erklären, dass Russland den polnischen Aufstand von 1831 bezwungen hatte. Und so wird die Zeichnung zum wunderbaren Führer durch die Geschichte. Der Rest des Rundgangs ( Die Frau in allen ihren Formen, Das Theater der Welt und Lachen und Angst machen) ist genauso vielfältig, von der Ligne claire made in USA von Saul Steinberg, mit einer bemerkenswerten kalifornischen Landschaft aus den fünfziger Jahren, bis zur Bissigkeit von Horace Vernet, der die Mode vom Anfang des 19. Jahrhunderts verspottet. Im Laufe der Säle findet man als roten Faden die Zeichnungen von Tomi Ungerer, darunter The back of beyond (Le Revers de l’au-delà), aus der Serie Rigor Mortis, eine ergreifende Allegorie des Todes, die sich in den Ecken unserer Existenz verkriecht. Voller makabrer Leichtigkeit besitzt dieses Memento mori aus der Mitte der 1980er Jahre eine unglaubliche philosophische und ästhetische Wucht, die uns dazu anregt über unser menschliches Schicksal nachzudenken…
Im Musée Tomi Ungerer (Straßburg) bis zum 13. März
musees.strasbourg.eu