Der permanente Wandel : Neobiota
Neobiota beschreibt die Entwicklung der Arten am Oberrhein, hinterfragt eine Natur im Wandel und zeigt die Rolle des Menschen auf.
Welche Tier-und Pflanzenarten sind wirklich einheimisch am Oberrhein? Es ist nicht einfach auf diese Frage zu antworten, insbesondere, da sich der Mensch sehr früh in die Sache eingemischt hat und die Evolution sich mit der Globalisierung beschleunigt. Mehrere faszinierende Dioramen zeigen so die Änderungen in der Morphologie des Gebiets zwischen dem Neolithikum – in dem die Landschaft einer Tundra ähnelte – und der modernen Ära. Im Laufe des Rundgangs entdeckt der Besucher wie sich die Zusammensetzung der Arten im Laufe der Zeit verändert hat, lernt zwischen Archäobiota, die vom Menschen vor 1492 eingeführt wurden, und Neobiota, die seitdem eingeführt wurden, zu unterscheiden. Der Mohn, zum Beispiel, gehört ur ersten Kategorie, während die Kanadische Goldrute, die hier im 19. Jahrhundert (als „Weide“ für Bienen) auftauchte und sich seitdem (zu sehr) ausbreitet, der Zweiten zuzuordnen ist. Das Reh seinerseits ist völlig einheimisch. Nachdem diese Prolegomena etabliert sind, enthüllt die Ausstellung wie Tiere und Pflanzen bis in das Rheingebiet gelangen und erklärt die Auswirkungen ihrer Präsenz auf ihren neuen Lebensraum.
Einige Arten, die erst vor Kurzem in unseren Breitengraden aufgetaucht sind, werden als invasiv – das bedeutet, dass sie die Biodiversität durch eine rasend schnelle Ausbreitung bedrohen, wie der Kalikokrebs, der 1993 in Deutschland entdeckt wurde – oder gar gefährlich eingestuft. Man denke an die berühmte Tigermücke, die aus Südostasien stammt und erstmals 2007 in Baden-Württemberg festgestellt wird. Eine schädliche Nebenwirkung der Globalisierung, denn das Insekt kann das Chikungunyafieber und den Denguevirus übertragen. Lebende und präparierte Exemplare, didaktische Spiele – in denen es zum Beispiel darum geht zu erraten wie eine Art nach Europa gekommen ist – und oft erschreckende Rekonstruktionen zeichnen ein oft düsteres Gesamtbild. So lernt man in einem Kapitel, das dem Wald gewidmet ist, dass neue Gefahren in Zusammenhang mit der Klimaerwärmung die Bäume bedrohen, wie die Falschen Weißen Stängelbecherchen, die Eschen befallen, eine Krankheit, welche von einem winzigen asiatischen Pilz hervorgerufen wird oder die wahnsinnige Vermehrung der Holz fressenden Borkenkäfer. Wie ein Lichtstrahl erscheint die Rückkehr einer Gruppe, zu der Biber, Luchs, Kolkrabe oder auch Lachs gehören (der Opfer der Wasserverschmutzung, der Staudämme und der Zerstörung der Laichplätze war), die erneut in unseren Breitengraden anzutreffen sind. Zu nennen ist auch die Wildkatze, die 1912 als ausgerottet betrachtet wurde und ihr großes Comeback feiert. Ein ganzes Kapitel ist dem Wolf gewidmet: Im April 2020 wurden in Deutschland 128 Rudel, 35 Paare und 10 isolierte Individuen gezählt. Und das ist wirklich erfreulich!
Im Staatlichen Museum für Naturkunde (Karlsruhe) bis zum 11. September
smnk.de – neobiota2021.de
> Ein Audioguide in deutscher, französischer und englischer Sprache steht zur Verfügung
> Abendführungen am 10.02., 10.03., 07.04., 12.05. (18 Uhr)
> Exkursionen: „Der Karlsruher Wald im Wandel“ (30.04., 15 Uhr), Kennenlernen des Kalikokrebses (07.05., 15 Uhr), „Neobiota – welche sind schädlich in der Landwirtschaft?“ (21.05., 14 Uhr)
Eine vorherige Anmeldung ist für alle Veranstaltungen obligatorisch