Playground : The World of Music Video in der Völklinger Hütte
Die Völklinger Hütte, das weitverzweigte Eisenmonster, bietet in seinem Inneren The World of Music Video, für eine Ausstellung, die von der Kreativität dieses Genres zeugt, das den größten Künstlern als Spielwiese dient.
Mit seinen sechs Hochöfen, die durch die Gichtbühne in 45 Metern Höhe verbunden werden, fasziniert die monumentale und mehr als hundert Jahre alte saarländische Stahlhütte. Ihre Silhouette, die 1873 aus der Erde wuchs, prägt noch immer die Landschaft der kleinen Stadt Völklingen, wenige Kilometer von Forbach und Saarbrücken entfernt, die lange im Rhythmus und zu den ohrenbetäubenden Klängen dieses in der Ebene gestrandeten Dampfers lebte. Mehr als 600 000 m2 Sichtbeton und Röhrensysteme, die auf die Liste des Weltkulturerbes der Unesco aufgenommen wurden und gleichzeitig ein Beweis für das Genie und die Unvernunft des Menschen sind. Die Möllerhalle, der wirkliche Bauch des Ortes, in dem die Rohstoffe gelagert wurden, dient heute als Ausstellungssaal für Künstler mit internationaler Renommee. Dr. Ralf Beil, Generaldirektor der Institution, will weiterhin der Völklinger Hütte Leben einhauchen, indem er Ästhetik von heute mit dem industriellen Kulturerbe des 19. Jahrhunderts konfrontiert.
So ist The World of Music Video entstanden, eine Reise in 84 Videos durch die Werke der größten Clip-Regisseure. Für eine umfassende Erfahrung besichtigt man die Ausstellung mit Audio-Guides, die automatisch den Sound der Lieder abspielen, denen man sich im Laufe des Rundgangs nähert. So werden auf 62 Riesenleinwänden (bis zu 7 Metern Breite) und rund zwanzig kleineren Monitoren zwischen den Maschinen geniale Hits von Die Antwoord, dem süd-afrikanischen provokativen Duo und Erfinder der Gegenkultur-Bewegung Zef, Jean-Paul Goude und seiner Muse Grace Jones, den Pionieren Warhol und Yoko Ono oder auch David Fincher gezeigt, der Madonna in die Stimmung von Metropolis eintauchen lässt und die Objekte in Only von Nine Inch Nails in Bewegung versetzt. Genau wie Michel Gondry, Anton Corbijn oder David Fincher (und sein Freund Michael Bay) hat Spike Jones zunächst in der Welt des Musikvideos gearbeitet, bevor er sich ganz der siebten Kunst widmete. Die Gelegenheit seine Hommagen an die Musicalkomödien in schwarz-weiß von Gene Kelly wiederzusehen, in It’s Oh So Quiet für Björk, die Oldschool-Vision einer Figur mit Hundekopf im Stillstand von NYC für Da Funk von Daft Punk. Aber auch das rebellischste – und wirklich punkige – Y Control von Yeah Yeah Yeahs in dem Kinder dem Loslassen und der Gewalt freien Lauf lassen. Andere denunzieren sie in einem politischen Echo auf die Unterdrückung durch Putins Regime wie Kolshik von Leningrad. Das rückwärts gedrehte Musikvideo verbreitet Chaos in einem Zirkus, mithilfe von Horror-Bildern und Grausamkeit. Und schließlich steigen die Mutigsten oder Frechsten in die Untiefen der Fabrik hinab, dort wo die Videos mit „eindeutigen“ Inhalten versammelt sind, wie jenes des Rappers Tommy Cash, dessen Gesicht, inmitten von Spiralen aus nackten Frauenkörpern, den Platz des Geschlechtsteils von einer unter ihnen einnimmt, in einer Ego-Trip-Version von Der Ursprung der Welt.
Im Weltkulturerbe Völklinger Hütte (Völklingen) bis zum 16. Oktober
voelklinger-huette.org