Nietzsche not dead, zum 175. Geburtstag in Basel

Lou von Salomé, Paul Rée, Friedrich Nietzsche, vers 15. Mai 1882 à Lucerne © Lou Andreas-Salomé Archiv, Göttingen

Basel, wo er Professor war, empfängt eine Ausstellung rund um Friedrich Nietzsche, anlässlich des 175. Geburtstages des Philosophen.

Wer war Friedrich Nietzsche? Das ist die Frage, die hinter dieser spannenden dreiteiligen Ausstellungsteht, die von Benjamin Mortzfeld kuratiert wurde und sich ebenso an Nietzsche-Fans wie Profane richtet. Es geht darum, die Stereotype zu untersuchen – ein Vordenker des Nationalsozialismus, ein Frauenfeind, ein Verrückter, etc. – um eine gelassene Lektüre seiner Texte anhand von 75 Objekten, aber auch Audio-und Videostationen sowie zahlreichen Zitaten zu ermöglichen, die den Rundgang in Leuchtkästen begleiten. Mit dem ersten biographischen Teil unter dem Titel Lebenswelten entdeckt der Besucher den „Mann hinter dem Kult“, wie es der Kurator zusammenfasst: Insbesondere wird eine Büste aus seiner Jugendzeit von Alexander Zschokke gezeigt, auf der er ohne seinen le- gendären Schnurrbart erscheint, sowie berührende Zeugnisse seiner Ankunft an der Basler Universität wo er 1869, mit nur 24 Jahren, klassische Philologie lehrt, bevor er 1878 aufgrund gesundheitlicher Probleme aus dem Dienst scheidet… Der Besucher taucht auch in eine leidenschaftliche Dreiecksbeziehung ein, die er mit Lou von Salomé und Paul Rée führt: Auf einem Photo posieren die beiden Männer feierlich während das aufsässige junge Mädchen sie mit einer Peitsche bedroht! Man begleitet ihn anschließend auf seinen Reisen als wandernder Denker, von Venedig nach Sils-Maria: Da seine sich verschlechternde Krankheit und seine sich verschlimmernde Kurzsichtigkeit ihm die Arbeit erschweren, probiert er eine erstaunliche Schreibkugel aus, die in einer Vitrine gezeigt wird.

Schreibkugel der Firma Malling-Hansen, um 1878 © HNF Heinz Nixdorf Museumsforum GmbH, Photo : Jan Braun

Seine grundlegenden Konzepte, die hier mit Sorgfalt und Einfachheit erklärt werden – der Übermensch, die ewige Wiederkunft, etc. – entfalten sich im zweiten Teil mit dem Titel Denkwelten, während Videos Analysen von je zwei Experten zu seinen vier Hauptwerken präsentieren: Die fröhliche Wissenschaft, Also sprach Zarathustra, Jenseits von Gut und Böse und Der Antichrist. In einem letzten Teil werden die Nachwelten des Philosophen erkundet, die mit seinem mentalen Zusammenbruch im Jahr 1889 beginnen, mit einem absurden Brief – ein Meisterwerk der Art Brut – den er an seinen Freund Jacob Burckhard schrieb und Briefchen, die er während seinem Aufenthalt in der Psychiatrie verfasste und mit „Der Gekreuzigte“ oder „Dionysos“ unterzeichnete. Auch die Instrumentalisierung seines Werkes nach seinem Tod am 25. August 1900 durch seine Schwester wird betrachtet, die im Jahr 1901 Wille zur Macht herausbringen ließ, ein Werk, das er nie geschrieben hatte und das aus verstreuten Fragmenten zusammengesetzt wurde. Der Rundgang endet mit der Verzerrung seiner Ideen während der beiden Weltkriege für Propagandazwecke und ihrem Übergang in die Pop-Kultur, zum Beispiel mit Energieriegeln mit seinem Antlitz. Eine letzte Hörstation präsentiert eine unbekannte Seite von jenem, der sagte, dass „das Leben ohne Musik ein Fehler wäre“, der Komposition von Partituren… die keine Berühmtheit erlangten.


Im Historischen Museum / Barfüsserkirche (Basel), bis zum 22. März
hmb.ch

Alle Ausstellungstexte, Audio- und Videoaufnahmen in deutscher, französischer und englische Sprache verfügbar

Konferenz Wie Sturmvögel vor der Wetterkatastrophe – Karl Jaspers über Kierkegaard und Nietzsche, Prof. Dr Philipp Schwab,
18.02. (18 Uhr)

Konferenz Nietzsche in Erz. Der Philosoph und seine Philosophie im Spiegel von Medaillen, Prof. Dr Urs Sommer, 17.03. (18 Uhr)

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