Rembrandt, der sesshafte Reisende

J.F.F. selon Andries Beeckman, Le château de Batavia, après 1688, Tropenmuseum, Amsterdam, Collection Nationaal Museum van Wereldculturen. Coll.no. TM-118-167

Mit 120 Werken erkundet Rembrandts Orient die Faszination der Maler des niederländischen Goldenen Zeitalters für extra-europäische Kulturen.

Auch wenn Rembrandt (1606-1669) a priori nie sein Heimatland verließ war er, wie viele seiner Zeitgenossen vom Orient ergriffen. Dieser allgemeine Begriff bezeichnet Gebiete östlich Europas – von Peking bis Damaskus, von Jakarta bis Teheran – deren Waren in Amsterdam landeten, dem Epizentrum einer „ersten Globalisierung“: Gewürze, die von der Niederländischen Ostindien-Kompanie importiert wurden, chinesisches Porzellan oder Rattan aus Indonesien, aus welchem man Spazierstöcke herstellte. Diese Waren findet man in zahlreichen Gemälden wieder, wie Musizierende Gesellschaft in dem der junge Maler die Exotik zahlreicher Details nutzt (bunter Turban, überladene Stoffe, etc.) um eine unbestimmte Erotik zu suggerieren: Hinter dem Anschein eines friedlichen Musiksalons entdeckt man so eine Bordell-Szene. Zahlreiche Historien-Portraits1 sind ebenfalls gefüllt von fremden Elementen, die dazu dienen, den Reichtum des Modells zu illustrieren: So verwandelt Albert Cuyp die Begegnung eines holländischen Paares, indem er sie als David und Abigajil darstellt.

Rembrandt Harmensz van Rijn, Musizierende Gesellschaft, 1626, Rijksmuseum Amsterdam, erworben mit der Unterstützung der Verenigung Rembrandt und der Stichtig tot Bevorderung van Belangen van het Rijksmuseum

Dieser phantasmatische Orient ist vor allem das Theater biblischer Ereignisse, in denen die Künstler einen zügellosen Einfallsreich- tum beweisen, indem sie Artefakte von woanders benutzen um der Szene, so denken sie, eine zusätzliche Glaubwürdigkeit zu verleihen, wobei sie auch vor den gewagtesten Assoziationen nicht zurückschrecken. Der Turban tragende Barmherzige Samariter von Pieter Lastman ist so mit einem Phantasie-Kostüm bekleidet, mit einem japanischen Wakizashi2 am Gürtel, während Das Festmahl der Ester von Jan Lievens eine unglaubliche Orgie aus kunstvoll bearbeitetem Schmuck und Schichten raffinierter Stoffe ist. Hier ist der Orient prunkvoll und überladen, bei anderen ist er ein symbolischer Raum, wie in Daniel und Cyrus vor dem Götzenbild des Bel von Rembrandt voller goldener und zarter Lichtspiele. Mystisches Mysterium. Auch wenn die Ansichten von Indien oder Persien wenig realistisch sind – sie begrenzen sich auf klischeebehaftete Stereotypen – werden die Objekte als Vektoren von Prestige genutzt, während die Kunstwerke wenig Echo erhalten. Nur wenige Künstler interessieren sich für sie, wie Rembrandt, der ein großer Sammler von Mogul-Miniaturen war, die er zum Teil reproduzierte: Davon zeugt eine wunderschöne Zeichnung des Schah Schudscha. All das spiegelt den Eurozentrismus einer Epoche wider, deren düstere Seite zwischen den Zeilen dargestellt wird: Ausbeutung und Sklaverei… Ein Gemälde von Caesar van Everdingen, das Wollebrant Geleyns de Jongh zeigt, fasst dies perfekt zusammen: In Seidenstoffe gehüllt, neben einem Tisch, der mit einem reich verzierten persischen Teppich bedeckt ist – zwei Quellen seines Reichtums – , betrachtet der Händler seine Schiffe, während er von einem Sonnenschirm geschützt wird, den zwei schwarze Diener halten.


Im Kunstmuseum Basel / Neubau, bis zum 14. Februar 2021
kunstmuseumbasel.ch

Parallel dazu werden Radierungen von Rembrandt aus den großzügigen Schenkungen von Eberhard W. Kornfeld gezeigt (Kunstmuseum Basel / Hauptbau, bis 24.01.21)

1 In den letzten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts und der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts lässt sich die Elite in mythologischen oder historischen Kostümen von den größten Künstlern ihrer Zeit darstellen
2 Japanisches Schwert, das dem Katana ähnelt, aber kleiner ist

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