Univercity
Die charmante Universitätsstadt Tübingen, die sich am Ufer des Neckars erstreckt, ist verführerisch. Besuch in einer Stadt in Baden-Württemberg, in der es sich leben lässt.
Wohlwollende Schatten schweben über den typischen Straßen von Tübingen (etwas weniger als 90 000 Einwohner), deren Universität 1477 gegründet wurde und mit ihren 27 000 Studenten in der ganzen Welt bekannt ist. Heißt es nicht „Tübingen hat keine Universität, Tübingen ist eine Universität?“ Im Laufe der Jahre empfängt sie den Reformator Melanchthon, den Astronomen Johannes Kepler, Joseph Ratzinger – den zukünftigen Papst Benedikt XVI. – oder auch drei Persönlichkeiten die zur gleichen Zeit studierten und sich Nahe standen, die Philosophen Hegel – er verfasste hier einen Essai zur Natur und der richtigen Ausübung der Religion um 1792- 93 – und Schelling, sowie der Dichter Friedrich Hölderin. Dieser verbrachte hier die letzten 36 Jahre seines Lebens, als Pensionsgast des Schreiners Ernst Zimmer, nachdem er der Hölle der Psychiatrie der Klinik Autenrieth entkommen war. Heute kann man noch den Hölderlinturm besichtigen, einen bewegenden Erinnerungsort der Literatur.
In den romantischen Straßen des mittelalterlichen Stadtzentrums entspannen, das Leben auf einer von der Herbst sonne aufgewärmten Terrasse dahinplätschern lassen, in einem Kahn über die friedlichen Gewässer des Neckars treiben, mit einem uneinnehmbaren Blick auf charmante, bunte, historische Gebäude… Zahlreiche Aktivitäten, die nicht den Besuch einiger Museen wie der Kunsthalle ausschließen, die Supernatural (10.10.20-07.03.21) präsentiert, das die zukünftige Entwicklung des menschlichen Körpers thematisiert. Künstler greifen hier die Frage der Biogenetik und der „Post-Humanity“ auf… Zu den anderen Adressen, die man sehen muss, gehört das Schloss Hohentübingen, in dem ein archäologisches Museum untergebracht ist (in welchem das außergewöhnliche kleine Elfenbeinpferd ausgestellt wird, das in der Vogelherdhöhle entdeckt wurde) oder das Auto-und Spielzeugmuseum Boxenstop, das neben ikonischen Automobilen mehr als tausend Miniaturautos zeigt, bei deren Anblick man wieder zum Kind wird. Man darf auch das Hesse-Kabinett nicht vergessen, dass daran erinnert, das der Autor des Steppenwolfs von 1895 bis 1899 in der Buchhandlung Heckenhauer in der Stadt arbeitete, Jahre, die für sein literarisches Talent prägend waren… Und man verlässt diesen wunderschönen Ort mit den Worten Hölderlins in Hyperion: „ Eines zu sein mit Allem, was lebt, in seliger Selbstvergessenheit wiederzukehren ins All der Natur, das ist der Gipfel der Gedanken und Freuden, das ist die heilige Bergeshöhe, der Ort der ewigen Ruhe“.