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Nikolai Meschtscherin, Clair de lune Mondnacht, 1905, Staatliche Tretjakow-Galerie, Moskau

Zwischen französischem Einfluss und eigener Entwicklung zeigt das Museum Frieder Burda eine Reise ins Herz des Impressionismus in Russland.

Fasziniert entdecken zahlreiche russische Maler den Impressionismus Ende des 19. Jahrhunderts, dank Aufenthalten in Frankreich, die oft von Stipendien finanziert werden. Mit rund 70 Gemälden zeigt diese Ausstellung1 wie Monet, Pissarro und Konsorten eine ganze Generation beeinflusst haben… die schließlich über die Kanons des Genres hinauswächst. Der erste Saal versammelt Ansichten der Stadt des Lichts, die vor Ort realisiert wurden – insbesondere der sehr schöne Karnevalstag in Paris (1900) – von Nicolas Tarkhoff – bevor sich ein thematischer Rundgang entfaltet, der die Originalität eines russischen Impressionismus illustriert, welcher von Künstlern getragen wurde, die sich von der Verkrustung des Akademismus zu befreien wussten. Die Motive sind unverwechselbar: Eine Frau mit einer Melancholie à la Tschechow wurde von Walentin Serow (Im Sommer, 1895) portraitiert, während typische Landschaften – mit ihren Birkenwäldern – sich aneinanderreihen, gespickt von Datschen, deren Innenräume von Licht geflutet sind wie bei Stanislaw Shukowski (Veranda auf dem Landgut, um 1907/10). Derselbe realisiert 1915 ein faszinierendes Still-Leben, das einen für das orthodoxe Osterfest dekorierten Tisch zeigt – bunte Eier, Pashka2, etc. – in einem Stil, der ganz klar an Manet erinnert. Auch wenn der Pointillismus von Wladimir Burljuk (Mädchen mit gelbem Tuch, 1915) klar von Seurat inspiriert ist, unterscheidet er sich nichtsdestotrotz, da jeder Farbe ein anderer Punkt-Typ zugeordnet ist.

Für einige ist der Impressionismus eine einfache Etappe in einer ästhetischen Laufbahn, ein Trittbrett zur Radikalität: Nach und nach löst sich das Motiv in Licht und Farbe auf, wie in der außergewöhnlichen Mondnacht (1905) von Nikolai Meschtscherin. Davon zeugt die Entwicklung von Künstlern wie Natalija Gontscharowa oder Michail Larionow, für die die Landschaftsmalerei ein fruchtbares Experimentierfeld war: Von Ersterer erstrahlen die fauvistischen Töne in Flussufer. Sonnenuntergang (1907/08), während der Garten im Frühling (1904) des Zweiten dem historischen Impressionismus folgt. Einige Jahre später, trägt die Eine zur Gründung des Rayonismus bei (Landschaft mit Zug, 1913) und der Andere landet an expressionistischen Ufern. Kasimir Malewitsch ist sinnbildlich für diese Metamorphosen: Aus der lebendigen impressionistischen Quelle werden in der Tat seine Geistesblitze des Suprematismus entspringen. Ein Gemälde von 1917 mit dem Titel Konstruktion in Auflösung (Drei Bögen auf diagonalem Element in Weiß), das geometrische Formen und reine Farben kombiniert, schließt so eine Ausstellung ab, die auch einige seiner vorherigen Kompositionen3 zeigt, welche daran erinnern, dass er ein Verehrer von Cézanne war.


Im Museum Frieder Burda (Baden-Baden), bis zum 15. August
museum-frieder-burda.de

1 Ergebnis einer Kooperation mit der Staatlichen Tretjakow-Galerie in Moskau und dem Museum Barberini in Postdam
2 Cremiges Dessert auf Frischkäsebasis in Form einer Pyramide
3 Auch wenn die Datierung nicht exakt ist, da er für eine Retrospektive Ende der 1920er Jahre eine Serie von impressionistischen Bildern malte, die er vordatierte

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