Making the World in Basel, die menschliche Art die Welt zu formen
Als faszinierender Dialog zwischen Kunstwerken und außergewöhnlichen ethnographischen Stücken erkundet Making the World. Gelebte Welten die menschliche Art die Welt zu formen.
Von Beginn an wird der Besucher von der Aura dreier Artefakte eingefangen, die miteinander in einem Dialog stehen. Auf riesigen Leinwänden, die aus der Rinde des Yanchama geflochten werden, entfaltet sich ein ergreifendes kosmisches Rad. Die Ticuna-Indianer in Brasilien spannen diese Stoffe bei Übergangsriten für junge Mädchen von der Kindheit zum Erwachsenenalter auf. Im Zentrum wird die Sonne dargestellt, rundherum kann man die vier Himmelsrichtungen erkennen, es sei denn es handelt sich um die vier Elemente. Gegenüber zwei weitere Werke mit vergleichbaren Dimensionen: Quirlung des Milchmeeres, ein Gemälde aus Bali aus dem 2. Jahrhundert, das von der Kreation der Erde durch den Gott Vishnu erzählt und die Kosmische Allegorie (1660) des niederländischen Künstlers Abraham Hondius, ein Spiegelbild der ersten westlichen Konzeptionen des Kosmos, in denen Raum, Zeit, Materie und Energie gemeinsam das Universum formen. Als Ergebnis einer seltenen und fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen den beiden Basler Institutionen lässt Making the World die Gemälde aus dem Kunstmuseum mit den Objekten aus den ethnographischen Sammlungen des Museums für Kulturen in einen Dialog treten. Die Idee entstand 2015, als Letzteres zeitweise Werke des Ersten aufnahm, das wegen Renovierungsarbeiten geschlossen war. „Es war eine bemerkenswerte Erfahrung“, erinnert sich der Kurator Richard Kunz, Konservator des Bereichs Südostasien. „Die einfache Nachbarschaft dieser Gäste eröffnete unerwartete Perspektiven, sie verliehen sich gegenseitig eine zusätzliche Präsenz.“
Im Gegensatz zu dem was man oft bei derartigen Veranstaltungen sieht – die regelmäßig in der Kritik stehen, weil sie eine postkoloniale Vision der nichtwestlichen Kunst transportierten – „wurden die präsentierten Werke nicht nach chronologischen oder formellen Kriterien ausgewählt (wie zum Beispiel eine Ausstellung, die Gemälde von Picasso und afrikanische Masken zusammenbringt, die ihn wahrscheinlich inspiriert haben), sondern einzig
aufgrund ihres Inhalts“ unterstreicht Richard Kunz. Ob es von Breughel signiert wurde oder das Werk von Weberinnen aus Nigeria ist, es zählt nur was das Artefakt über die Art des Menschen aussagt die Welt zu bewohnen. Wie er sie interpretiert, mit ihr umgeht, versucht sich in ihr zurechtzufinden und sie zu beherrschen… Und auf dieser gemeinsamen Basis zeichnen sich ungewöhnliche und verblüffende Parallelen ab, in denen der geometrische Reiche Hafen (1938) von Paul Klee in Resonanz mit einem mysteriösen mattang von den Marshallinseln tritt – nach dem Namen dieser genialen Segelkarten aus Stäbchen, die es den Melanesiern erlauben sich zwischen den Atollen des Pazifiks zurechtzufinden! In einem anderen Raum wirft die Skulptur Untitled (2005) von Peter Fischli und David Weiss, die an einen verkohlten Baumstamm erinnert, ein dunkles Licht auf die Pflüge aus aller Welt, die am anderen Ende des Saals aufgereiht sind – Symbole für die Hartnäckigkeit, mit der der Mensch seit jeher die Natur geformt hat… bis er eines Tages die Retourkutsche erhält.
Im Museum der Kulturen (Basel), bis zum 23. Januar 2022
mkb.ch
Der zweite Teil von Making the World unter dem Titel Spirituelle Welten wird seine Türen im Kunstmuseum ab dem 27. November öffnen
kunstmuseumbasel.ch