Die Kunst des Krieges im Historischen Museum Saar

Anton von Werner, Assaut sur la colline de Spicheren Sturm auf den Spicherner Berg © Historisches Museum Saar / Thomas Roessler

Mit Monumente des Krieges beschreibt das Historische Museum Saar den deutsch-französischen Konflikt von 1870 ausgehend von einem außergewöhnlichen Bildensemble.

Vergessen. Von den beiden Weltkriegen in den Hintergrund gedrängt. Der Krieg von 1870 kann jedoch als Vorspiel zu der Tragödie angesehen werden, die sich im 20. Jahrhundert zwischen Frankreich und Deutschland abspielte. Diese begeisternde Ausstellung wirft ein grelles Licht auf jene Epoche, mit dem Saarbrücker Rathauszyklus (1880)1 von Anton von Werner (1843-1915)2 der hier – vollständig restauriert – zum ersten Mal nach 76 Jahren gezeigt wird! In dieser Serie mit monumentalen Kompositionen konzentriert sich der Künstler auf Figuren und Ereignisse, die mit der entscheidenden Schlacht von Forbach-Spicheren vom 6. Au- gust 1870 in Verbindung stehen. Die Tatsache, dass sie eher unbekannt ist, ist darauf zurückzuführen, dass am gleichen Tag der legendäre Angriff der Kürassierbrigade bei Reichshoffen stattfand. Neben Portraits von Persönlichkeiten (Helmuth von Moltke, Otto von Bismarck…) findet man heldenhafte und grandiose Werke, akademisch und gestelzt, darunter eine Allegorie des Sieges. Zwei germanische Krieger geben sich die Hand: Sie symbolisieren die Allianz zwischen den Stämmen des Nordens und jenen des Südens und erinnern dabei an eine mythische und antike Einheit, was auf die Wurzeln der Vereinigung Bismarcks hinweist, die die Propaganda in den Vordergrund stellen will. Ein weiteres Gemälde zeigt Soldaten, die einen Hügel erstürmen: Die Ereignisse sind extrem theatralisiert und dramatisiert. Offiziere mit Pickelhaube schwören die Soldaten auf den Kampf ein. Ihre Männer antworten auf diese Anweisung mit martialischen Gesten, Gewehren, die in Richtung des Feindes erhoben sind, in einem Akt der Herausforderung, mit Gesichtern, die patriotisches Glück widerspiegeln… Auf der Gegenseite gibt Alphonse de Neuville eine exakt gegensätzliche Version. An der Decke wird der patriotische Pathos des Ensembles von Anton von Werner von einer zeitgenössischen Pop-Interpretation von Moritz Götze hinterfragt. Er ist die Grundlage für eine reichhaltige Ausstellung, die die Probleme des ersten modernen Krieges in seinen zahlreichen Dimensionen beschreibt (mit einem Fokus auf die medizinische Versorgung und die Erinnerungsorte) und dabei gleichzeitig die Inszenierung und Instrumentalisierung dieser verschiedenen Episoden seit seiner Auslösung durch die Emser Depesche analysiert. Gravuren, Zeitungsartikel, aber auch Photographien – mit wunderbaren Aufnahmen von Charles Winter in den Ruinen des bombardierten Straßburgs – werden von beiden Seiten benutzt um die Öffentlichkeit zu informieren… und zu manipulieren. Einer dieser Bereiche ist den Panoramen gewidmet, diesen monumentalen runden Gemälden, die den Betrachter ins Zentrum der Handlung eintauchen lassen (Schlacht von Sedan, Belagerung von Paris, etc.) und wahre Wegbereiter des Kinos waren.

Anton von Werner, Victoria
© Historisches Museum Saar / Thomas Roessler

Im Historischen Museum Saar (Saarbrücken), bis zum 31. Oktober historisches-museum.org
Das größte Gemälde des Saarbrücker Rathauszyklus wird bis Oktober 2021 live im Untergeschoss des Museums restauriert

1 Anhand von Photographien entdeckt man eine virtuelle Rekonstruk- tion des Rathaussaales, wie er Ende des 19. Jahrhunderts existierte. In der Ausstellung wurde die Inszenie- rung zersprengt und die Gemälde sind nicht mehr in ihrer Originalposition zu sehen.
2 Offizieller Maler der Wilhelminischen Ära, insbesondere berühmt für seine Reihe von Gemälden, die die Proklamierung des deutschen Kaiserreichs am 18. Januar 1871 in Versailles feiern

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